Das Archiv hören
Die prächtigen Kinopaläste, die zwischen dem Ersten Weltkrieg und den frühen 30er Jahren auf dem Broadway in Downtown L.A. errichtet wurden, verfielen bereits Mitte der 60er Jahre, so wie ein Grossteil der Innenstadt auch. Die weißen Einwohner aus Los Angeles waren in die vermeintliche Sicherheit der Vorstädte geflüchtet. Meine unterprivilegierte Familie konnte dafür jedes Wochenende die aktuellen Hollywood Filme für einen geringen Eintritt in diesen immer noch sehr beeindruckenden Filmtempeln sehen.
Als kleines Kind schaffte ich es irgendwie immer, meiner Mutter und meinen drei älteren Schwestern zu entwischen und alleine loszuwandern, um mich im Projektionsraum wiederzufinden. Ich wusste instinktiv, dass die Magie des Films an diesem Ort ihren Ursprung hat. Seit damals faszinieren mich Filmprojektoren und Vorführer und das rasende Dröhnen der Maschinen. Was ich als Kind nicht wusste, aber jetzt nach vielen Jahren der Arbeit mit dem lebenden und atmenden Archiv des Arsenal feststelle, ist, dass die Magie des Films über den Projektionsraum hinausreicht.
Meine angeborene, kindliche Neugier leitet mich weiterhin, tiefer, als ich es mir jemals hätte vorstellen können. Am Ende hat sich der Spieß von Kind und Mutter umgedreht – oder in meinem Fall vielleicht der Mammy. So scheint es also nur passend, weiter zu machen wie bisher, aber ohne Fanfare: das Archiv zu bemuttern als ein work-in-progress. Bin ich ein erfolgreiches Elternteil? Wer soll das beurteilen? Zumindest weiß ich, wo meine Kinder sind, wenn sie mir in den Vorführraum entwischen.
Als Teil des Living Archive Projekts habe ich meine regelmäßig stattfindende Veranstaltungreihe „Rising Stars, Falling Stars“ erweitert. Fortan soll es darum gehen, die oft komplexe Beziehung zwischen Musik und Film zu ergründen. Natürlich ist das Musical ein Teil dieses Zusammenspiels. Aber das ist nur der Anfang. Wartet ab!