Regie
Shengze Zhu
USA / 2021
87 Min.
/ DCP
/ Ohne Dialog
Produktion
Zhengfan Yang, Shengze Zhu
Produktionsfirma
BURN THE FILM (Chicago, USA)
Bilder von vorher, Bilder von nachher und vier Briefe: Zuerst sehen wir die Bilder von nachher, aufgenommen von einer Überwachungskamera in Wuhan: leere Straßen, die sich erst am 4. April 2020 wieder füllen, mit Menschen, die innehalten, als die Sirenen zu heulen beginnen. Die anderen Bilder stammen von vorher: lange Einstellungen von unaufdringlicher Schönheit, aufgenommen mal hier, mal dort, die Symphonie einer Großstadt ohne Musik. Wuhan rast der Zukunft entgegen, ein Gewimmel aus Baustellen, das aus dunstigen Feldern neonbeleuchtete Gebäude und Brücken gebiert, während unweit Wasserbüffel grasen. Die vier Briefe richten sich an einen Partner, eine Großmutter, einen Vater, eine Tochter, sie sind alle nicht mehr da. Die Worte werden sichtbar, die Bilder, die sie hervorrufen, legen sich über die Bilder auf der Leinwand, melancholische Visionen der Vergangenheit, die sich überlagern: Menschenmengen am Ufer, ein überschwemmter Pavillon, die erste Fahrt in einer U-Bahn unter dem Jangtse hindurch, Leute, die im Fluss baden, der in der Ferne mit dem dunstigen Himmel verschwimmt. Es ist viel Zeit vergangen, aber der Fluss fließt immer weiter. Und vergisst nicht. (Berlinale Forum, James Lattimer)
Shengze Zhu, geboren 1987 in Wuhan, China. Sie ist als Filmemacherin und Produzentin tätig und lebt in Chicago, USA. Ihr Debüt Xu jiao entstand 2014. A RIVER RUNS, TURNS, ERASES, REPLACES ist ihr vierter abendfüllender Film.
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Begründung der Caligari-Filmpreis Jury, bestehend aus Wolfgang Hamdorf (filmdienst.de), Elena Baumeister (Filmmuseum Potsdam) und Antonia Papagno (Kommunales Kino Trossingen):
„A RIVER RUNS, TURNS, ERASES, REPLACES ist kein Film, der das Publikum gleich mit der ersten Einstellung leicht mitnimmt. Die außergewöhnliche Bildgestaltung und die vielschichtige Tonebene ziehen es in der Folge dafür umso stärker in den Sog. Der Film überzeugt durch stilistische Konsequenz: in tableauhaften, langen Totalen erfasst der Film die Trauer und Stagnation während und nach der Corona-Pandemie. Den Momenten der Einsamkeit und Isolation selbst bei Feiern und Menschenansammlungen im Bild entspricht die Trauer und innere Leere der eingeblendeten Schriftzeichen. Über den Fluss, seine Ufer und Brücken schafft die Regisseurin Shengze Zhu ein poetisches Bild ihrer Heimatstadt Wuhan im gegenwärtigen China. Steht am Anfang die Kälte der Überwachungskamera, mündet der Film nach Verzweiflung in die Hoffnung. Künstliches Licht lässt die Stadt in Regenbogenfarben erstrahlen.“