Louis Malle ist einer der großen französischen Regisseure, die zur Zeit der Nouvelle Vague ihre ersten Filme gedreht haben. 1932 in eine katholische Industriellenfamilie in der französischen Provinz hineingeboren, studierte Louis Malle auf Wunsch seiner Eltern zunächst Politikwissenschaften, wechselte aber bald zur Filmhochschule IDHEC in Paris. Weil er sich dort rasch langweilte, ergriff er die Gelegenheit und wurde mit 20 Jahren Kameramann und Assistent bei Jacques-Yves Cousteau, wo er das Handwerk von der Pike auf lernte und zudem als Co-Regisseur von "Le monde du silence" mit einem Oscar bedacht wurde. Mit seinem 1957 entstandenen Regiedebüt ASCENSEUR POUR L'ECHAFAUD wurde er zum Mitbegründer der Nouvelle Vague, auch wenn er nie der von der Theorie kommenden Gruppe um die „Cahiers du Cinéma“ angehörte und sich zeitlebens eher als Handwerker denn als Auteur verstand.
Der Einzelgänger Malle war ein Pendler zwischen Genres und Welten, arbeitete in Frankreich und den USA, wechselte zwischen Dokumentar- und Spielfilmen hin und her, drehte persönliche, kleine Filme neben Großproduktionen mit internationalen Stars. Der sensible Beobachter unterschiedlichster Milieus wählte bis zu seinem Tod 1995 immer wieder neue Stoffe und Stile, die eine Zuordnung unmöglich machen und seine Wandlungsfähigkeit beweisen. Jeder Film stellt ein Einzelwerk mit einer eigenen Bildsprache dar. Trotz ihrer Themenvielfalt lassen sich in seinen Filmen einige zentrale Motive erkennen. Dazu gehören die Verlogenheit der Bourgeoisie, das Gefangensein in sozialen Konventionen und der Ausbruch daraus, die zerstörerische Macht sexueller Leidenschaften, "amoralische" Verhältnisse, die Welt durch Augen von Kindern gesehen, und immer wieder, auch autobiografisch geprägt, die Zeit der Besatzung Frankreichs durch die Deutschen.