die stadt von morgen -Beiträge zu einer Archäologie des Hansaviertels Berlin
1957 im Rahmen der Interbau errichtet, galt das Hansaviertel als Modell einer modernen Stadt: grün, nachbarschaftlich und funktional. Eine Riege namhafter Architekten und der lockere Siedlungsbau sicherten dem Hansaviertel einen Platz in der Architekturgeschichte. Was heute ein Baudenkmal ist, sollte damals ein Neuanfang werden: Das Hansaviertel stand im Zeichen der Neugestaltung städtischer Lebensformen, die der westdeutschen Nachkriegsgesellschaft insgesamt ein anderes Gesicht verleihen wollte. Dieser Neuanfang blieb zugleich ohne Rücksicht auf die alten Strukturen und Eigentumsverhältnisse der Stadt, ohne Erinnerung an die jüngste nationalsozialistische Vergangenheit, und er verlief in Konkurrenz zum Städtebau im Osten Deutschlands. Wenn man sich dem Hansaviertel heute anlässlich seines 50-jährigen Jubiläums nähert, sind Fragen nach den Verflechtungen von Politik und Ästhetik notwendig, die weit über modernistische Stilfragen hinausreichen. Film und Kino spielen hierbei eine wesentliche Rolle. In den 50er/60er Jahren diente der Film als ein bevorzugtes Medium, um stadtplanerische Lösungsansätze vorzustellen, neue Technologien und Haushaltsgeräte anzupreisen und die gesellschaftliche Ordnung in West und Ost zu manifestieren. Nicht nur in den Filmen des Re-education Programms der westlichen Alliierten, auch in unzähligen Dokumentar-, Werbe- und Informationsfilmen finden sich Visionen, Strategien und auch Ausblendungen, die dem Wiederaufbau und der Erneuerung der (west)deutschen Städte eingelagert sind. Ab Mitte der 50er Jahre entstanden zudem Spielfilme, die sich bereits im Vorfeld des Neuen Deutschen Films experimenteller Erzählformen bedienten und in besonderer Weise die Stadt als Sinnbild für die Modernisierung des Lebens und die Orientierungsschwierigkeiten einer jungen Generation reflektierten, die sich der Hektik des Wirtschaftswunders, den einengenden bürgerlichen Konventionen und der Verdrängung der Vergangenheit gegenübersah.