Während des Ersten Weltkriegs gedrehte dokumentarische Aufnahmen zeigen so gut wie nie das Kriegsgeschehen. Diese "Kriegsfilme" entstanden in der Regel weit hinter der Front oder bei Manövern. Trotzdem sind sie auch heute noch in der Lage, uns die Schrecken des Krieges vor Augen zu führen. Das Programm versammelt seltene Wochenschauen, Propagandafilme und Kriegsberichte, die in Farbe überliefert sind. Heute sind jene Aufnahmen interpretationsbedürftig. Diese viragierten und kolorierten Filme wollen dem dokumentarischen Material keinen realistischen Mehrwert hinzufügen. Vielmehr verstärken sie ihren Stimmungsgehalt: hier bedrohlich, wo die Kino-Kriegsschau brennende Petroleumlager zeigt, dort beruhigend, wenn eine Fliegerfahrt vom Bodensee zur Zugspitze Luftaufnahmen friedlicher Landschaften vorzeigt. Monochrom eingefärbte Filme wie eine Eiko-Wochenschau über die Heimkehr des Handels-U-Boots "Deutschland" in Bremen verleihen den Bildern eine größere Tiefenwirkung. Häufig erfolgt die Virage der Filme aber wahl- und gedankenlos, etwa wenn die Erprobung neuer Feld-Sanitäts-Autos rot eingefärbt wird. Weitere viragierte Sujets des Programms: In Nürnberg lernen Kriegsinvaliden mit Hilfe von Prothesen wieder arbeiten, eine Huldigung an Generalfeldmarschall von Hindenburg zu seinem 70. Geburtstag, ein propagandistischer Trickfilm mit antibritischer Hetze sowie die letzte deutsche Offensive an der Westfront, die Schlacht zwischen Aisne und Marne von Ende Mai 1918.
Eine Veranstaltung von CineGraph Babelsberg mit dem Bundesarchiv-Filmarchiv. Einführung: Jean-Paul Goergen. (28.9.)