Der 16. November 1896 war ein wichtiger Tag für Georgien. Noch nicht mal ein Jahr nach der ersten öffentlichen Kinovorführung am 28. Dezember 1895 in Paris wurde in Tiflis das erste Kino eröffnet. Auch wenn der erste georgische Film "erst" 1912 gedreht wurde, wird dieses erstaunlich frühe Interesse fürs Kino immer wieder als Ausgangspunkt für die Entwicklung dieser beeindruckenden Filmnation genannt. Bereits in der Stummfilmzeit gab es eine erste Blüte im georgischen Film. Nach Stalins Tod, vor allem aber in den 60er und 70er Jahren entstanden viele mittlerweile zur Filmgeschichte gehörende Meisterwerke von Eldar und Giorgi Schengelaja, Otar Iosseliani, Lana Gogoberidse, Tengis Abuladse und Sergej Paradshanow, oftmals verspielte Komödien, böse Satiren oder dramatisch übersteigerte, surreale Grotesken, die traditionelle Erzähltechnik ignorierten, aber auch stille, poetische und melancholische Filme mit faszinierender Bildsprache. Das große kreative Potenzial des georgischen Films wurde zu Sowjetzeiten immer wieder von strengen Zensurauflagen beschnitten, so dass viele Film erst Jahre nach ihrem Entstehen in anderen Ländern gezeigt werden konnten. Auch wenn mit der staatlichen Unabhängigkeit Georgiens 1991 die Filmzensur abgeschafft wurde, leidet die Filmwirtschaft heutzutage unter der schwächelnden georgischen Wirtschaft. Die Gründung des Georgischen Nationalen Filmzentrums Ende der 90er Jahre trägt mittlerweile einiges dazu bei, um die Filmproduktion in Georgien zu unterstützen, doch viele georgische Regisseure können ihre Filme nur mit Unterstützung europäischer Koproduzenten realisieren. Auch einige Filme der Reihe "Fokus Georgien" sind so entstanden. Die Filmreihe möchte jedoch weniger auf die Produktionsumstände der einzelnen Filme eingehen, sondern einige herausragende Beispiele des georgischen Films der letzten Jahre präsentieren. Dabei ziehen sich Themen und Motive wie der besondere Stellenwert der emblematischen Hauptstadt Tiflis (Tbilissi), der Bürgerkrieg, der Anfang der 90er Jahre die junge georgische Republik erschütterte, und die sozio-politischen Umwälzungen im Land wie ein roter Faden durch die präsentierten Filme.