"Von Menschen zu erzählen, ist für mich wichtiger, als eine Geschichte zu erzählen." (Fred Kelemen)
Fred Kelemen studierte zunächst Malerei, Musik, Philosophie, Religions- und Theaterwissenschaft, bevor er als Regieassistent an verschiedenen Theatern arbeitete und von 1989 bis 1994 ein Regie- und Kamerastudium an der dffb absolvierte.
Kelemens Werk hat in der deutschen Filmlandschaft einen einzigartigen Platz. In langen Einstellungen entwerfen seine bildmächtigen Parabeln eine Welt voller Einsamkeit und Sprachlosigkeit, von zutiefst verwundeten Menschen, die verzweifelt nach Trost suchen. In einer abweisenden und kalten Umgebung sind seine Protagonisten gefangen in Fremdheit und Verlorenheit. Liebe und Zärtlichkeit, auch wenn sie kaum zu erreichen sind, vermögen als einziges Trost zu versprechen. In einer kompromisslosen Melancholie erzählen Kelemens Filme von der Schwierigkeit, ein Leben in Würde zu führen. Sie verraten eine Affinität zur osteuropäischen Kinotradition und eine Beeinflussung durch Béla Tarr, bei dem er studierte und für den er bei verschiedenen Filmen die Kamera führte.
Eine lange Nacht, wortlose Begegnungen, die verzweifelte Suche nach einem Hoffnungsschimmer: Von alldem spricht VERHÄNGNIS (D 1994), Kelemens Abschlussfilm an der dffb. Menschen verschiedener Länder treffen in einer hoffnungslosen Nacht voller Alkohol- und Gewaltexzesse aufeinander, schicksalhaft miteinander verstrickt in einer Welt, die ihnen weder Zuflucht noch Trost schenken kann. (25.3.)
FROST (D 1997) erzählt vom 7-jährigen Micha, der in der Weihnachtsnacht mit seiner jungen Mutter Marianne vor der Gewalt seines betrunkenen Vaters fliehen muss. Das Notwendigste in einem Koffer verstaut, verlassen sie heimlich ihre Wohnung im Souterrain eines Mietshauses. Marianne erinnert sich an ihre Kindheit, die sie auf dem Land in Ostdeutschland verbrachte. Dorthin, an den Ort ihrer Kindheit, will sie zurück. Dort hofft sie Hilfe, Güte, Frieden zu finden. Als sie glaubt, am Ziel ihrer Reise angekommen zu sein, findet sie eine von Eis überzogene Landschaft vor. Bäume starren aus der erfrorenen Bewegung von Wellen. Am Horizont sticht die Spitze eines versunkenen Kirchturms durch die winterliche Erde. Auf ihrer siebentägigen Odyssee durch das vereiste Deutschland begegnen ihnen Menschen, die alle keine Ruhe, keinen Ort des Bleibens bieten, sondern von Hintergedanken, der eigenen Armut oder Verlorenheit geleitet, sie nur tiefer verwunden und nichts weiter als erneute Stationen der Flucht sind. Am vorläufigen Ende des Weges, im Hotel einer fremden Stadt, kommt es für kurze Zeit zum ersehnten Frieden, der jedoch nicht dauern kann. (27.3.)
In ABENDLAND (Nightfall, D/Portugal 1999) begibt sich ein Paar, die Büglerin Leni und der arbeitslose Anton, getrennt voneinander durch eine aussichtslose Reise durch die Nacht. Durch düstere Straßen und Bars ziehend begegnen sie Armut und Verzweiflung, stehen beide vor dem Abgrund, bis sie sich wieder einander annähern können. Die Liebe ist nicht einfacher geworden, doch geläutert von den Erlebnissen, können sie sich auf einer anderen Ebene begegnen. (28.3.)
In Lettland gedreht wurde FALLEN (Glut/Krisana, D/Lettland 2005). Ein Angestellter des lettischen Landesarchivs in Riga begegnet eines Nachts auf einer Brücke einer jungen Frau. Als er ihren selbstmörderischen Sprung in die Tiefe nicht verhindert, verändert das Gefühl von Versagen und Schuld sein Leben. Getrieben von Reue und dem Fieber der Illusion, begibt er sich auf die Suche nach den Spuren ihrer Biographie. Diese Reise durch die Unruhe seines Gewissens führt ihn tiefer in seine eigene Einsamkeit und den Abgrund seiner Seele, wobei er sich immer mehr in das Schicksal der Frau und das Leben derer, die mit ihr verbunden waren, verstrickt. (30.3.)