In den letzten Jahren sind viele spannende literarische und filmische Werke zum Thema Mauerbau und -fall erschienen. Wie und welche (Mauer-)Geschichte(n) diese erzählen, untersucht das von Prof. Dr. Inge Stephan und Alexandra Tacke geleitete Seminar der Humboldt-Universität „Geschichte(n) erzählen: Nach-Bilder der Wende“, das eine für alle Interessierten offene Filmreihe im Arsenal beinhaltet. Wir freuen uns besonders, dass zu allen drei abschließenden Veranstaltungen die FilmemacherInnen persönlich zu Gast sind.
In MEIN BRUDER. WE'LL MEET AGAIN (D 2005) besucht Thomas Heise seinen Bruder Andreas, der seit kurzem in einer kleinen Pension in den Pyrenäen lebt, wo er als Koch arbeitet. Die Pension gehört seinem Freund Micha, der ihn als Herzspezialist nach drei Infarkten operiert und zu sich nach Südfrankreich eingeladen hat. Micha ist jedoch nicht nur seit 30 Jahren Andreas' bester Freund, sondern er war auch sein IM: Er hat beide Heise-Brüder für die Staatssicherheit bespitzelt. Bei Thomas Heises Besuch sprechen die Männer über die Stasi, über Verrat, Schuld und schlechtes Gewissen, über Zukunft und Vergangenheit. Eine Begegnung zwischen Redenwollen und Nichtredenkönnen, ohne Interesse an inquisitorischen Enthüllungen. (5.6.)
Um die Verschränkung von DDR-Geschichte mit privater Lebensgeschichte und den Versuch der Aufarbeitung geht es auch in Celia Rothmunds ZEIT OHNE ELTERN (D 2005). Der Film erzählt die Geschichte von zwei Familien. Nach einem gescheiterten Versuch, die DDR zu verlassen, wurden die Eltern 1985 von der Stasi inhaftiert und von den Kindern getrennt, die im Heim oder bei den Großeltern unterkamen. Nach der Haft lebten die Familien zwar wieder zusammen, doch waren sie von Schuldgefühlen und -zuweisungen schwer gezeichnet. Seit der Verhaftung der Eltern war über das Erlebte und die Folgen nie gesprochen worden. Der Prozess der Erinnerung, der Versuch, die Vergangenheit in intensiven Gesprächen zu rekonstruieren, steht im Zentrum von ZEIT OHNE ELTERN. (12.6.)
Einen ähnlichen Ausgangspunkt hat JEDER SCHWEIGT VON ETWAS ANDEREM (D 2006) von Marc Bauder und Dörte Franke: Drei Familien kämpfen mit der Vergangenheit und damit, was sie von ihr erzählen sollen. Als junge Leute von der Stasi verhaftet, später vom Westen freigekauft, längst eingerichtet im neuen Leben waren sie nicht gefasst darauf, dass mit dem Mauerfall die alten Fragen nach Schuld und Sühne, nach Wiedergutmachung und Gerechtigkeit wiederkommen. Und eine weitere Frage tut sich auf: Wie gibt man weiter, was man als politischer Gefangener erlebte? Vor allem, wenn die nächste Generation, die eigenen Kinder, es nicht mehr hören will? (19.6., in Anwesenheit von Marc Bauder und Dörte Franke)