Noch immer kennen die meisten Menschen digitale Filmtechnik nur als Werkzeug zur Erzeugung spektakulärer "Visual Effects". Tatsächlich aber hat sie bereits in der Produktion, Verbreitung und Archivierung von bewegten Bildern die herkömmlichen Verfahren verdrängt, ohne dass die damit einhergehenden Veränderungen umfassend verstanden und die damit gegebenen Möglichkeiten wirklich genutzt würden.
Mit der Digitalisierung geht der Wunsch nach der sofortigen und dauerhaften Verfügbarkeit aller jemals produzierten Bilder einher – eine Herausforderung für Archive, von denen rund um die Uhr und online wie auf YouTube Service erwartet wird. Die Realität ist davon noch weit entfernt, andererseits bahnt die neue Technik auch Wege in bislang unzugängliches Terrain und liefert Ideen zu innovativen Geschäftsmodellen.
Hinter den Kulissen der Filmproduktion haben sich die Arbeitsabläufe verändert: Mit Hilfe der Digitalisierung werden analoge Bilder (eingelesen) verarbeitet und auch als solche wieder ausgegeben. Was nur wie eine zeitgemäße Form der Kopiermaschine wirkt, bringt neue Inhalte auf der Leinwand mit sich: Ein vollständig künstlich erzeugter Film kann ganz normal aussehen, ohne erkennbare "Visual Effects". Auch im Bereich Restaurierung ergeben sich neue Chancen zur Rettung verloren geglaubter Bilder durch digitale Nachbearbeitung und "Compositing" des Materials.
Distributionsmodelle digitaler Bilder abseits des DCI-Standards aus Hollywood können bisher selten gezeigten Bereichen aktueller wie historischer Filmproduktion Perspektiven eröffnen. Die potenzielle Verfügbarkeit aller Bilder lädt schließlich auch zur kreativen Wiederverwendung ein: Aus dem Found-Footage-Film wird der Remix, der Zugriff des Benutzers wird selbst zum Programm und Teil der audiovisuellen Kultur. Am 13. und 14. Juni diskutieren internationale Experten den Umbruch in den Medien, der alle Bereiche der Produktion, Verteilung und Archivierung von bewegten Bildern erfasst hat. (Martin Koerber)
Eine Veranstaltung der Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen.