Der Zeichner, Maler, Dichter und Filmemacher Vlado Kristl (geboren 1923 in Zagreb, gestorben 2004 in München) gehört zu den originellsten Talenten des deutschen Films seit den 60er Jahren und zu den Hauptexponenten des Experimentalfilms in Europa. Er begann seine Karriere in Jugoslawien, genauer gesagt, in Kroatien, emigrierte aber nach einigen Filmen aufgrund von Anfeindungen und Verboten nach Deutschland und setzte hier seine Arbeit mit kurzen und längeren Animations- und Spielfilmen sowie Filmexperimenten fort. Hauptwerke der damaligen Zeit sind Der Damm (1964), Der Brief (1966), Film oder Macht (1969/70), nach verschiedenen Kurzfilmen folgten Verräter des Jungen Deutschen Films schlafen nicht (1982) und Tod dem Zuschauer (1983/84), zu seinen letzten Werken gehören Kunst ist nur außerhalb der Menschengesellschaft (2002) und Weltkongress der Obdachlosen (2004). Vlado Kristl war ein begabter, witziger, humorvoller und anarchistischer Filmemacher, der sich an keinerlei ästhetische oder ökonomische Regeln hielt und es liebte, seine Zuschauer zu provozieren; dabei haben die meisten seiner Filme eine poetische Dimension. Fröhlichkeit steht bei ihm neben Verzweiflung. Er vertraute oft dem Zufall, der Inspiration des Augenblicks und glaubte daran, dass aus den Schwierigkeiten der Arbeit, für die es meistens keine Finanzierung gab, die künstlerische Originalität hervorgehen müsste. Dazu gibt es von ihm den Ausspruch: "Immer wieder wird das Gute eine Katastrophe heraufbeschwören, Pfiffe ernten und Pleiten säen. Daran muss man auch seinen Spaß haben."
Die Freunde der Deutschen Kinemathek waren eng mit Vlado Kristl verbunden, wir zeigten im Oktober 1964 Der Damm und im November 1966 als hundertste Veranstaltung seinen Film Der Brief, zu beiden Filmen wurden Kinemathek-Hefte publiziert (Nr. 10 und Nr. 30). Im Forum lief 1984 Tod dem Zuschauer. Die Interviews mit Vlado Kristl, die wir publizierten, sind wahre Fundgruben an poetischem und surrealem Humor und anarchistischer Schärfe. Vlado Kristl wäre im Januar 2008 85 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass zeigen wir eine kleine Auswahl aus seinem Schaffen: ITALIENISCHES CAPRICCIO (1969), DIE HÄLFTE DES REICHTUMS FÜR DIE HÄLFTE DER SCHÖNHEIT (1994), ALS MAN NOCH AUS PERSÖNLICHEN GRÜNDEN GELEBT HAT (1996), MADELEINE, MADELEINE (1963), ARME LEUTE (1963).
Mit Einführungen von Carola Regnier und Ulrich Gregor. (23.1.)