Tschechoslowakei am Ende der 70er Jahre: Um dem Militärdienst zu entgehen, hat Olin einen Aufenthalt in der Psychiatrie provoziert. Nun kehrt er zu seinen Freunden in den Norden zurück. Sie sind allesamt Außenseiter, die für das kommunistische Regime nur Verachtung übrig haben. Ihre Rebellion ist aber keine politische Aktion, sondern rohe Verweigerung, die zu ständiger Konfrontation mit der Staatsgewalt führt.
Der Rausch, den Alkohol und Sex bieten, ist dann auch eher einer der Besinnungslosigkeit als einer der Entgrenzung, denn der einzig radikale Ausweg ist die Flucht in den Westen. Es ist dieses Lebensgefühl zwischen Freiheitssehnsucht und Zynismus, das der Film authentisch beschreibt, und manchmal gelingt es der Schwarzweißkamera, der Trostlosigkeit der kaputten nordböhmischen Industrielandschaft Momente der Utopie abzutrotzen: Jung sein könnte auch einfach bedeuten Spaß zu haben, Bier zu trinken und Lou Reed zu hören. Regisseur Petr Nikolaev weiß aus eigener Erfahrung, dass es solche Biotope wie für westliche Bürgerkinder nicht geben durfte. Wegen eines Kurzfilms über eine ähnliche Jugendszene flog er als Student von der Filmhochschule. Seine Verfilmung des Kultromans von Jan Pelc ist nicht nur historische Momentaufnahme, sondern auch Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie. Eine Herzensangelegenheit also.
Anna Hoffmann
Petr Nikolaev, geb. 1957 in Prag. Filmstudium an der Prager Filmhochschule FAMU, danach neun Jahre in Frankreich als Eisverkäufer, Plakatierer, Innendekorateur und Babysitter. Ab 1986 Lehrfilme und Dozent der Filmregie an der Filmschule ESRA in Paris. Seit 1992 wieder in Prag, zahlreiche Dokumentarfilme und Fernseharbeiten.
Produktion: První veřejnoprávní, Prag
Buch: Petr Nikolaev, nach dem gleichnamigen Roman von Jan Pelc
Kamera: Diviš Marek
Schnitt: Jiří Brožek
Darsteller: Karel Žídek, Filip Kaňkovský, Tereza Hofová, Mirek Škultéty, Perla Kotmelová, Eva Černá, Radomil Uhlíř
Format: 35mm (gedreht auf 16mm), Schwarzweiß
Länge: 84 Minuten
Sprache: Tschechisch