Nadia besucht ihre Enkelin am Arbeitsplatz – der Warhol Foundation – und erzählt, dass ihr unter mysteriösen Umständen verschwundener Sohn Andys Lover gewesen sei und bei ihm gelebt habe. Von dem Moment an werden zwei Familiengeschichten zur Projektionsfläche: die einer bürgerlichen amerikanischen Familie und die wohl legendärste der Kunst: Warhols Factory.
Mit Unterstützung von Callie Angell, Kuratorin des Andy Warhol Film Projects am Whitney Museum, gelingt es Esther B. Robinson, der Nichte des verschwundenen Danny Williams, eine Kiste 16mm-Filmmaterial im MoMA aufzuspüren, die mit seinem Namen beschriftet ist. Es öffnet sich eine Schatztruhe: Bilder aus der Factory, von Velvet Underground, bekannte Gesichter, in einer nie gesehenen Verschmelzung von Intimität und Glanz. Detektivisch macht sich Robinson auf Spurensuche. In Gesprächen mit Zeitgenossen und Familienmitgliedern, beim Betrachten der Filme, in der Recherche, wird vor allem eins deutlich: Familiengeschichtsschreibung ist ein amorphes Konglomerat von Erinnerungen, vorhandenen Bildern und der Distanz, die die Zeit geschaffen hat – nicht anders als Filmgeschichtsschreibung. Doch trotz der Unmöglichkeit, die eine Wahrheit zu erfassen, schält der Film eine ebenso einzigartige wie rätselhafte Künstlerbiografie heraus.
Stefanie Schulte Strathaus
Esther B. Robinson, geb. 1969 in Minneapolis (Minnesota, USA). Studium der Film- und Fernsehproduktion und Vergleichenden Literaturgeschichte in New York, Arbeit als Produzentin und Programmdirektorin. A Walk into the Sea ist ihr erster Film als Regisseurin.
Produktion: thatgrl Media LLC., New York
Kamera: Adam Cohen
Schnitt: Shannon Kennedy, James K. Lyons
Mitwirkende: Brigid Berlin, Billy Name, Gerard Malanga, Paul Morrissey, John Cale, Callie Angell, Albert Maysles, Nat Finkelstein, Julia Robinson, Nadia Williams, David Williams
Format: DigiBeta PAL (gedreht auf Mini DV und 16mm), Farbe
Länge: 75 Minuten
Sprache: Englisch
Still photo of Danny Williams – Film still courtesy of The Danny Williams Estate © 2006