Als in den zwanziger Jahren Hunderttausende Exilrussen, die vor Lenins Revolution geflohen waren, das Stadtbild Berlins prägten, verpassten die Berliner dem Stadtteil Charlottenburg den Spitznamen Charlottengrad. Viele Einwanderungswellen später spielt dort Dominik Grafs Im Angesicht des Verbrechens – eine gewagte Story über Pflicht und Schuld, vor allem aber über die Schwierigkeit des Individuums, sich in einer Welt zu behaupten, die den Platz des Einzelnen vor allem über seine Herkunft definiert. Marek Gorskys Familie ist jüdisch, sie stammt aus Russland. Er ist Polizist, seine Schwester Stella mit dem Boss eines mafiösen Unternehmens verheiratet. Marek wird in den blutigen Krieg zweier Clans hineingezogen; er wird den Tod seines älteren Bruders aufklären und sich verlieben, in eine junge Ukrainerin, die in Berlin zur Luxusprostitution gezwungen wird.
Graf nutzt mit seinem außergewöhnlichen neuen Film einen nicht zu unterschätzenden Vorzug des Serienformats: ausufern zu dürfen, sich mit Nebenfiguren beschäftigen, sich Details widmen zu können. In einer Folge wird ein aussteigewilliger Unterboss zur Hauptfigur, in einer anderen rückt ein korruptes Polizistenpärchen in den Mittelpunkt. Ein nicht abreißender Strom von Geschichten, ein großes Epos.
Christoph Terhechte
Dominik Graf, geb. 1952 in München, studierte zunächst Musikwissenschaften und Germanistik, anschließend wechselte er an die Hochschule für Fernsehen und Film München. Seit Mitte der 70er Jahre ist er als Schauspieler, Drehbuchautor, Komponist und Regisseur tätig. Graf gilt als einer der renommiertesten und produktivsten Regisseure im deutschen Kino und Fernsehen und erhielt zahlreiche Auszeichnungen für seine Arbeit.
Produktion: Typhoon Networks AG, im Auftrag von WDR, ARTE, Degeto, BR, SWR, NDR, Telepool, ORF
Buch: Rolf Basedow; Bearbeitung: Dominik Graf
Kamera: Michael Wiesweg
Darsteller: Max Riemelt, Ronald Zehrfeld, Mišel Matičević, Marie Bäumer, Katja Nesytowa, Alina Levshin, Arved Birnbaum, Ulrike Tscharre, Uwe Preuss, Marko Mandic, Mark Ivanir, Ryszard Ronczewski, Bernd Stegemann
Format: DigiBeta PAL (gedreht auf Super16), Farbe
Länge: 490 Minuten (10 Folgen à 49 Minuten)
Sprache: Deutsch
Foto: © ARD/Julia von Vietinghoff