Angetreten um einer Welt, der die Utopien und die Poesie abhandengekommen sind, den Kampf anzusagen, haben die Bewohner eines Abrisshauses eine temporäre autonome Zone errichtet. Eine Art situationistische Stadtguerilla der Gegenwart, verbringen sie ihre Tage damit, auf materieller wie immaterieller Ebene Unruhe zu stiften. Es wird rezitiert und deklariert, diskutiert, performed und getröstet. Eine Frau wird gekidnappt, pantomimisch der Nahkampf geübt, Schamhaare zu Schnurrbärten umarrangiert. Viele der lustvoll-sinnlosen Aktionen der Bewohner drehen sich im Kreis; hierin ist bereits deren ironische Selbstreflexion enthalten: Letztlich sind sie bloße ästhetische Imitation der Parolen, Gesten und Posen der politischen und künstlerischen Praxis der 1960 und 70er. So verkünden die Bewohner schließlich das Ende der eigenen Avantgarde und geben ihr Haus dem Abriss anheim.
Mit der gleichen Freude am Verwirrspiel experimentiert dieser einfallsreiche, wunderbar fotografierte Film mit Form und Inhalt. Gespickt mit diskursiven und filmischen Referenzen ist er sich der eigenen Begrenztheit vollends bewusst und vertritt doch selbstbewusst die These, dass noch in jeder Wiederholung etwas von der unruhestiftenden Kraft der ursprünglichen Geste liegt. (Hanna Keller)
Tiago Mata Machado, geb. 1973 in Belo Horizonte, Brasilien, ist Filmkritiker, Kurator, Filmemacher und Video-Künstler. Er studierte am Fachbereich Multimedia des Institute of Arts der University of Campinas, São Paulo.
Produktion: Katásia Filmes, Belo Horizonte
Buch: Tiago Mata Machado, Cinthia Marcelle, Emílio Maciel
Kamera: Aloysio Raulino, Andréa C. Scansani
Darsteller: Melissa Dullius, Gustavo Jahn, Jeane Doucas, Simone Sales de Alcântara, Dellani Lima, Roberto de Oliveira
Format: 35mm, Farbe
Länge: 120 Minuten
Sprache: Portugiesisch