„Der auf Recherchen beruhende Essayfilm zeigt eine sehr persönliche Perspektive auf die Geschichte des sozialistischen Jugoslawien, auf sein dramatisches Ende und seine jüngste Umgestaltung in verschiedene demokratische Nationalstaaten.“
– Marta Popivoda
Der Film setzt sich mit der Frage auseinander, wie sich Ideologie im öffentlichen Raum durch Massenchoreografie selbst inszeniert. Die Autorin sammelte und analysierte Film- und Videomaterial aus der Zeit verschiedener jugoslawischer Staatenbündnisse (1945–2000) und richtete dabei ihre Aufmerksamkeit auf Staatsauftritte (Jugendarbeit-Aktionen, Maiparaden, Feierlichkeiten anlässlich des Tages der Jugend etc.) sowie auf Gegendemonstrationen (1968, Studenten- und Bürgerdemonstrationen der 1990er, die serbische ‚Oktoberrevolution‘ etc.).
Über die Bilder kehrt sie in die Vergangenheit zurück und verfolgt, wie sich die kommunistische Ideologie durch die wechselnden Beziehungen zwischen Menschen, Ideologie und Staat zusehends erschöpfte. Am Ende des Films stehen wir vor den Türen der jungen Demokratie Serbiens und des neoliberalen Kapitalismus, dazu angeregt, darüber nachzudenken, warum die Vorstellungen von Kollektivismus, Brüderlichkeit und Einheit so mühelos aufgegeben wurden, um zunächst durch Nationalismus und Krieg, dann durch das Versprechen von Freiheit und Demokratie ersetzt zu werden – Versprechen, die letztlich in Individualismus und ‚wildem‘ Kapitalismus endeten.
In dramaturgischer Hinsicht kombiniert der Film Theorien zu sozialer Choreografie und sozialem Drama und setzt diese filmisch um. Anhand dieser Inszenierung untersucht Popivoda die Entwicklung der These Richard Sennetts – dass Ideologie, wenn sie in Glaube übergeht, die Macht besitzt, Menschen und ihr soziales Verhalten voranzutreiben – hin zu der Behauptung Renata Salecls, dass die Menschen in Jugoslawien ab einem gewissen Zeitpunkt nur noch den Glauben an den Glauben hatten: Sie glaubten nicht mehr an die sozialistische Ideologie, glaubten jedoch sehr wohl, dass andere dies noch täten.
Marta Popivoda, geboren 1982 in Belgrad, ist Film-, Video- und Kulturschaffende, sie lebt und arbeitet in Berlin und Belgrad.
Format: HDCAM
Länge: 62 min
Regie: Marta Popivoda
Buch: Ana Vujanović, Marta Popivoda
Schnitt: Nataša Damnjanović
Produktion: Marta Popivoda, Alice Chauchat, TkH [Walking Theory], Belgrade, Universität der Künste Berlin, Les Laboratoires d‘Aubervilliers, Paris
Koproduktion: Ann Carolin Renninger (joon film, Berlin)
Leitende Produzentin: Dragana Jovović
Ton: Jakov Munižaba