“What have I become? Me, a true 80's creature?“, fragt die von João Carlos Castanha verkörperte Figur in einem Theaterstück und meint damit ebenso gut ihn selbst: João, 52, Schauspieler und Transvestit, hat seine besten Jahre schon hinter sich. Er ist krank, hat Liebhaber und Weggefährten verloren und wirkt müde, setzt seinen Lebenswandel indes unbeirrt fort. Gemeinsam mit seiner Mutter bewohnt er zwei Zimmer in einer abgeriegelten kleinbürgerlichen Wohnanlage, nachts tritt er in kleinen Theatern und Schwulenbars auf.
Mindestens genauso viel Zeit wie für Joãos Performances und sein unvergessliches Gesicht nimmt sich der Film für die einsamen Momente in schäbigen Backstage-Räumen und die präzise Erkundung eines – mal zärtlichen, mal unbarmherzigen und brutalen – Milieus, dessen flüchtiger Glanz billige Oberfläche ist. Auf vielschichtige Weise verbinden sich dokumentarische Beobachtung, Inszenierung und fiktive Elemente zu einer Erzählung über Leben und Tod: Während sich João schon mit einem Bein im Grab wähnt und von den Geistern seiner Vergangenheit heimgesucht wird, feiert er hartnäckig das Leben. “I think I might go to hell. Hell is a rave. An eternal rave." (Hanna Keller)
Davi Pretto, geb. 1988 in Porto Alegre, Brasilien, schloss 2008 ein Filmstudium ab. Nach mehreren Kurzfilmen ist Castanha sein erster abendfüllender Film.
Produktion: Tokyo Filmes, Porto Alegre; FiGa Films, Los Angeles
Buch: Davi Pretto
Kamera: Glauco Firpo
Darsteller: João Carlos Castanha, Celina Castanha, Francisco Jairo da Silva, Gabriel Nunes
Format: QuickTime ProRes 1:1.78 (16:9), Farbe
Länge: 95 min
Sprache: Portugiesisch
Foto: © Tokyo Filmes