Die fortlaufende Recherche der Filmemacher*innen Ritu Sarin und Tenzing Sonam unternimmt eine Neubewertung von audiovisuellem Material, das über viele Jahre zu einem bisher wenig beachteten Kapitel Tibets gesammelt wurde: Es geht um den bewaffneten Freiheitskampf, der als Antwort auf den chinesischen Angriff ausbrach und der, als die CIA sich einmischte, in die globale Geopolitik verwickelt wurde.
Im Gespräch mit den Kurator*innen Natasha Ginwala und Bonaventure Soh Bejeng Ndikung wird die subjektive Position eines Mittlers zwischen der CIA und Mitgliedern der Mustang Resistance Force aufgefächert: Lhamo Tsering, dessen persönliches Archiv als Mittel zur Auseinandersetzung mit den Komplexitäten eines besetzten Gebietes herangezogen wird, in dem sich aus individuellen Bestrebungen und nationalen Interessen kein symmetrisches Geschichtsbild ergibt.
Gleichzeitig widmet sich die Veranstaltung der aufgeladenen Rolle von Zeugenschaft und der Beweiskraft des Mediums Film im Sinne eines erweiterten Felds, in dem die Arbeit des Guerillakriegs im Kontext der Geschichte des 20. Jahrhunderts diskutiert werden kann – insbesondere vom Standpunkt jener aus, deren Geschichte(n) von Zorn und dem Erbe der Kolonialität bestimmt sind.
Geheime Allianzen werden aus dem Inneren der Rebellion heraus kommentiert und der Übergang von der Unsichtbar- zur Aufspürbarkeit wird lebendig: Wie könnten diese archivarischen Beweise Wahrheiten produzieren und aussprechen, indem sie neue Formen kollektiver Intelligenz extrahieren, die der extraktiven Verfasstheit der Überwachungsweltmächte etwas entgegensetzen? Wie verstehen wir diese verwischte Linie der Dekolonisation in einer mit nationalistischen Beweggründen gesättigten Welt im Nachgang des Kalten Krieges?
Bonaventure Soh Bejeng Ndikung ist unabhängiger Kurator, Kunstkritiker, Autor und Biotechnologe. Er ist der Gründer und Direktor von SAVVY Contemporary und aktuell Gastprofessor an der Städelschule in Frankfurt/Main.
Natasha Ginwala ist Kuratorin und Autorin. Sie ist Associate Curator am Gropius Bau, Berlin und Festivalkuratorin von Colomboscope (2019), Colombo.
Die indisch-tibetischen Filmemacher*innen Ritu Sarin und Tenzing Sonam arbeiten bereits seit über 30 Jahren zusammen. Sie haben mehrere preisgekrönte Dokumentarfilme und Videoinstallationen sowie zwei Spielfilme verwirklicht. Sie sind die Gründer*innen und Direktor*innen des Dharamshala International Film Festival.
Das Gespräch findet auf Englisch statt.