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88 Min. Englisch.

Die Postkartenidylle des Fischerdorfs in Cornwall ist trügerisch. Wo man früher von der Fischerei leben konnte, fallen nun reiche Londoner Touristen ein und verdrängen die Einheimischen, deren Existenzgrundlage gefährdet ist. Auch das Verhältnis der Brüder Steven und Martin ist angespannt. Martin ist ein Fischer ohne eigenes Boot, denn damit veranstaltet Steven jetzt lukrativere Ausflugsfahrten. Das Cottage der Familie haben sie verkauft und mit den neuen Eigentümern scheint nur noch eine letzte Schlacht zu schlagen zu sein: die um einen küstennahen Parkplatz. Doch die Lage eskaliert und das nicht nur wegen einer Autokralle.
Bait ist ein Schwarzweißfilm, der im 16-mm-Format gedreht und mit der Hand entwickelt wurde. Zahlreiche Nahaufnahmen von Fischen, Netzen, Hummern, Gummistiefeln, Knoten und Fangkörben lassen an die Theorie einer Montage der Attraktionen denken. Ebenso erinnert die Darstellung der unterschiedlichen sozialen Milieus, man könnte auch von Klassenverhältnissen sprechen, an die sozialrealistische Tradition im britischen Kino. Vor allem aber lässt sich hinter der filmgeschichtlich anspielungsreichen visuellen Oberfläche jede Menge politische Aktualität entdecken. (Anna Hoffmann)

Mark Jenkin wurde 1976 geboren. Er wuchs im englischen Cornwall auf, wo er auch heute lebt. Von 1995 bis 1998 studierte er an der Bournemouth University. Seit 1997 hat mehr als fünfzig Kurzfilme gedreht. Neben seiner Arbeit als Filmemacher ist Jenkin Lehrbeauftragter für das Fach Film an der Falmouth University (Cornwall). 2012 verfasste er das aus dreizehn Regeln bestehende Silent Landscape Dancing Grain 13 Film Manifesto, dem er bei der Realisierung seiner Filme folgt.

Der Tourismus und das Fischerdorf

Ich wollte schon immer einen Film über die Fischindustrie realisieren. Auf 16 mm und in Schwarzweiß drehen, schmutzig und mit grober Körnung, Aufnahmen von Gesichtern machen, von arbeitenden Händen, von den rauen Ecken, schonungslos, wild, handfest, real. An diesem Ort der Welt ist der Fischfang eng mit dem Tourismus verbunden. Über Generationen hinweg haben diese beiden Bereiche nebeneinander existiert, als ungleiche und voneinander abhängige Bettgenossen. In der heutigen, von Sparpolitik und Unsicherheit geprägten Zeit geht es plötzlich um Haben und Nichthaben.
Es gibt nicht nur Schwarzweiß in BAIT, vielmehr bewegt der Film sich in den Grauzonen. Dicht unter der Wasseroberfläche des müden Atlantiks, der sich zum Schlafen in dem idyllischen Hafen eingerollt hat. Doch Achtung: Auf eine gefährlich hohe Flut folgt oftmals extremes Niedrigwasser. In diesem Fischerdorf wird Tourismus positiv gesehen, Zweitwohnsitze allerdings werden als problematisch erachtet; dabei wurden diese beiden Aspekte niemals miteinander in Verbindung gebracht oder als zusammengehörig betrachtet. An diesem Ort haben die Fischer nichts zu sagen, während die Zugezogenen sich in ihrer neuen Gemeinde laut zu Wort melden.
Altes kollidiert hier mit dem Neuen. Wenn allerdings am Ende alle manipuliert werden, wird jedem eine Lüge aufgetischt. Trotz der guten Absichten der meisten Anwohner ist jeder von ihnen der Überzeugung, etwas von dem zu benötigen, was ein anderer besitzt, sei es Geld, Respekt, Kontrolle, das Gefühl von Zugehörigkeit, Frieden, eine Zukunft. Auch in einem historischen Küstendorf in Cornwall muss das Leben weitergehen. Traditionelle Ansichten werden von modernen Erwartungen ersetzt. Veränderung ist unumgänglich, unaufhaltsam und sogar willkommen. Aber wer denkt angesichts der glänzenden Zukunft, die vorausgesagt wird, an die Dinge, die dabei verloren gehen, vergessen werden und nach denen man sich am Ende sehnen wird? An dieser Stelle kommen die Form meines Films und sein Inhalt zusammen. (Mark Jenkin)

Produktion Kate Byers, Linn Waite. Produktionsfirma Early Day Films (Bristol, Großbritannien). Regie, Buch Mark Jenkin. Kamera Mark Jenkin. Montage Mark Jenkin. Musik Mark Jenkin. Sound Design Daniel Thompson. Production Design Mae Voogd. Kostüm Mae Voogd. Mit Edward Rowe (Martin Ward), Simon Sheperd (Tim Leigh), Mary Woodvine (Sandra Leigh), Giles King (Steven Ward), Isaac Woodvine (Neil Ward), Chloe Endean (Wenna Kowalski), Jowan Jacobs (Hugo Leigh), Georgia Ellery (Katie Leigh), Stacey Guthrie (Liz Stewart), Tristan Sturrock (Brian Rikard), Janet Thirlaway (Frau Peters), Morgan Val Baker (Ehemann), Billy Ward (Martin Ellis).

Weltvertrieb The Festival Agency
Uraufführung 09. Februar 2019, Forum

Filme

Auswahl: 2001: Golden Burn (69 Min.). 2007: The Midnight Drives (95 Min.). 2011: Happy Christmas (109 Min.). 2016: A Forest (82 Min.). 2019: Bait.

Foto: © Early Day Films Limited

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