Der Fischer – der Vater. Eine Figur des Films, die auf physischer Ebene nicht sichtbar ist, doch sie befindet sich außerhalb des Filmrahmens, über der Hauptfigur, ist eine Schutzherr-Figur. Wenn man eine Parallele zur Religion herstellen wollte, dann wäre die Gestalt Gottes eine genauso unsichtbare. Die Figur des Vaters ist für jeden Menschen die schwierigste und mehrdeutigste, vor allem für die Generation in den postsowjetischen Gebieten. Schon historisch gesehen ist es eine entrückte Gestalt, die irgendwo jenseits des Bereichs des eigentlichen Lebens existiert.
Die Hauptfigur Polina Schukina – der Archetyp der ewig leidenden, märchenhaften Heldin, der armen Waisen, die in eine Welt gerät, in der ihr zahlreiche Prüfungen bevorstehen, die sie bewältigen muss, um das Glück zu erlangen oder ihrem Zarevitch zu begegnen. In der gegenwärtigen Welt: eine Persönlichkeit mit einem unbestimmten Paradigma, die sich selbst sucht, ihre Bestimmung und einen potentiell einfachen Weg der Selbstverwirklichung. Sie ist ein Charakter, der sich selbst akzeptieren muss, damit er zu einem höheren Verständnis seiner Bestimmung gelangen kann.
Serafima – der Archetyp der zaubermächtigen Helferin (Serafim ist der sechsflügelige Engel), ein Mensch, der im Frieden mit sich lebt, der die Hauptfigur mit einem Zeichen markiert und ihr einen Talisman gibt (in Märchen ist es oft ein Wollknäuel), der die Hauptfigur in die märchenhafte Welt führt und wieder aus ihr heraus. Serafima übergibt der Hauptfigur zwei Fische (in Form von Ohrringen) als Symbol und Amulett. Als das Gesicht der Hauptfigur sich im Film zu einer Tzarevna verwandelt, verliert sie die Ohrringe, doch auf dem hinteren Teil ihres Kokoschniks [russischer Kopfschmuck] kann der Zuschauer die Gestalt Serafims, als ihres Schutzherrn, erkennen.
Großmutter mit dem Tee – ein Archetyp, der zugleich primitiv und überlegen ist, die Begleiterin in die märchenhafte Welt. Diese Figur ist ein Beispiel für die Weisheit, die sie durch den von ihr zurückgelegten Weg erlangt hat, welcher der Hauptfigur noch bevorsteht. Der Zuschauer mag in ihr eine Baba Jaga sehen oder eine gutmütige alte Frau und Erzählerin. Die Verbindung der Hauptfigur zur Welt der Tzarevnas vollzieht sich anhand ihrer ganzen Gestalt, vom Kokoschnik bis hin zu den Überschuhen. Gleichzeitig trägt sie einen Morgenmantel, was darauf verweist, dass auch sie einmal auf der Suche nach ihrer Tzarevnahaftigkeit von Punkt A nach Punkt B war.
Die Figur Adygeja – eine aus wunderbaren, aber bösen Tzarevnas zusammengesetzte Gestalt. Eine Schlagen-Tzarevna, eine Werwolf-Frau, eine Schönheit, die nicht auf dem Gipfel der Macht steht, aber zu ihm strebt, und niemandem in ihre Nähe zu kommen gestattet. Eine der verbreitetsten Formen der Tzarevna in den russischen Märchen.
Die drei Tzarevnas aus der Verwaltung – gleichsam ein Archetyp der drei Mädchen aus den russischen Märchen, ebenso auch der dreiköpfigen Schlange Gorynych, eine einheitliche, alterslose Maschine, mit der absoluten Beherrschung der Macht. In der gegenwärtigen Welt: ein Manager, der seine amtlichen Pflichten zur Manipulation und Ausbeutung nutzt.
Die Zicklein – die pluralisierte Gestalt des Brüderchen Iwans, der unvorsichtig, nicht auf die Warnung seiner Schwester hörend aus einem Teich trinkt und zu einem Zicklein wird. Gemeint ist eine Vielzahl von „Schwestern“, die wiederholt in die Welt der Tzarevnas eintreten und dort nach ihrem „Bruder“ suchen. So sieht die Hauptfigur, die in der realen Welt nicht in Kontakt zu ihrem Bruder zu treten vermag, in der Märchenwelt ihren „Avatar“, der auf eine Vielzahl von Kopien aufgeteilt ist, die als Metapher für die Fehler stehen, die man in jungen Jahren macht. In der gegenwärtigen Welt: ein junger Mann, der seinen Illusionen zum Opfer fällt, aber nicht vollends verloren ist und noch Chancen auf Errettung hat.
Die Schwan-Tzarevna – der Archetyp der vollendeten Schönheit, bedingungslos und einzig. Im Film zeigt der Kampf der Schwäne, dass es nur Platz für eine Schwan-Tzarevna gibt und eine falsche Tzarevna keine Chancen auf einen Sieg haben kann. In den Haaren der wahrhaften Schwan-Tzarevna ist immer ein Mond versteckt.
Der Vogel Phönix – immer ein Symbol für die Wiedergeburt. Ein Held, der aus der Asche wiedergeboren wird. Der Vogel taucht im Film auf, als die Hauptfigur die Möglichkeit erhält, in eine neue Verkörperung wiedergeboren zu werden, in diesem Fall in eine Tsarevna.
Der Fisch – Symbol des Christentums. Im Film DOCH RYBAKA ist es ein Hecht. Ein Fisch, der sehr oft in slawischen Märchen als Wunscherfüller und manchmal als Räuber vorkommt. So etwa wird in einem russischen Märchen Iwan von einem Hecht verschluckt, der ihn selbst wieder ausspeit. In all diesen Fällen tritt dieser Fisch als eine Art Entsprechung der Unterwelt auf, des Totenreichs (um zu neuem Leben zu erwecken, muss man in ihm gewesen sein). Hierin gibt es eine Überschneidung mit dem menschgewordenen Jesus, von dessen Jüngern viele Fischer waren. Er fütterte bei einem Festessen 5000 Menschen mit zwei Fischen, wonach er in einen zeitweiligen Tod fiel (wie auch die Heldin des Films). In ihren Händen befanden sich zwei Fische in Form von Ohrringen, und der Hecht, den sie mitgebracht hat, war das Hauptgericht.
Die Farbe Grün – tritt im Film als Symbol für den Sieg des Lebens über den Tod auf, verkörpert die Farbe der Büros des sowjetischen Bürokratieapparats, ist auch die Farbe der Unterwasserwelt, und ferner assoziiert man diese Farbe mit Erneuerung und Wiedergeburt.
Tsarevnost (Zarevnahaftigkeit) – ein Wort, das in der russischen Sprache nicht existiert, eine Erfindung der Autorin ist, ein neues Wort für eine neue Generationen, dessen Sinn ist: „Individualität, insbesondere die Kraft der Persönlichkeit und das Ausmaß dieser Kraft.“ Dieses Wort besitzt diesem Verständnis nach keine Genderzugehörigkeit.
Uldus Bakhtiozina
Übersetzung: Gary Vanisian