Vor vier Jahren bekam ich die Einladung, einige meiner Fotografien in Lugano in der Schweiz zu zeigen. Ein seltsames Gefühl der tiefen Einsamkeit überkam mich dort, obwohl einige neugierige Menschen die Ausstellung besuchten. Ich denke, viele Künstler*innen empfinden diesen harschen Gegensatz zwischen dem realen Leben und der fragilen, idealistischen Welt der Kunst. Ich hatte das Gefühl, aus dieser Wurzel heraus könne eine Geschichte wachsen über einen Gegenwartskünstler, der mit einem ewigen Problem konfrontiert wird.
Ich muss gestehen, dass ich schon immer fasziniert war vom Leben und der Kunst von Makhambet Utemisov, ein kasachischer Dichter des 19. Jahrhunderts, der gegen die Autoritäten rebellierte. Aufgrund seiner Unterdrückung war er gezwungen, sich mit seiner Familie in der Steppe zu verstecken. Er wurde jedoch schnell gefunden, öffentlich enthauptet und sein Kopf wurde zu Khan Zhangir gebracht, dem Gouverneur des westlichen Kasachstan.
Ich entschloss mich, meine persönliche Erfahrung und einige Episoden aus Makhambets Leben zusammenzubringen. Sie gehören zu verschiedenen Zeiten, werden aber verbunden durch die Einsamkeit des Künstlers, seine Unfähigkeit, ein gewöhnliches Leben zu leben, und seine Schwierigkeit, eine Zukunft für die eigene Kunst zu sehen.
Mit Hilfe von Makhambet wollte ich auch darstellen, was uns als Künstler*innen überhaupt die Stärke gibt zu leben: unser Impuls, etwas zu erschaffen. Der Film handelt von all diesen zerbrechlichen Dingen.
Die Menschen lesen weniger und verbringen mehr Zeit vor Bildschirmen. Aber wahre Poesie wird immer ihren Weg finden
Die Schauspieler*innen, die den Dichter, seine Frau und sein Kind spielen, sind dieselben, die auch Makhambet und seine Familie darstellen. Makhambets Mörder wird gespiegelt von dem gleichen Schauspieler, der auch einen eiskalten Geschäftsmann spielt. Dadurch sollen die tiefen Verbindungen zwischen den Leben, Schicksalen und Innenwelten meiner beiden Hauptfiguren betont werden.
Natürlich werden Poesie und Literatur heute durch neue Technologien bedroht. Die Menschen lesen weniger und verbringen mehr Zeit vor verschiedenen Bildschirmen. Aber wahre Poesie, die, an die wir glauben, wird immer ihren Weg finden als integraler Teil der menschlichen Natur. Trotz seiner Schwierigkeiten und Zweifel findet der Dichter in meinem Film die Stärke, seiner Kunst treu zu bleiben. Während einer Lesung in einer kleinen Stadt zeigt ihm eine einfache Begegnung, dass die Wurzeln wahrer Kunst tief in den Leben einfacher Menschen verankert sind. Das Schicksal der Gedichte von Makhambet und die Erinnerung an ihn belegen ebenfalls, dass die Dichtkunst über die Jahre überlebt und früher oder später ihren Weg findet, um die Seelen der Menschen zu begleiten.
Darezhan Omirbaev
Übersetzung: Sven von Reden