Mit ihrem Film CONSPIRACY beschwören Simone Leigh und Madeleine Hunt-Ehrlich die unterschiedlichen Weisen, auf die sich das Selbst Schwarzer Frauen konstituieren kann. Das Werk ist eine Hommage an handwerkliche Fertigkeiten im Feld der Kunst, schließt mit einer Geste kontrollierter feministischer Brandstiftung und schafft einen Raum der Begegnung ihrer jeweiligen künstlerischen Praxen: der Bildhauerei und des Filmemachen. Hunt-Ehrlichs Schwarzweiß-Fotografie wirkt fantastisch hypnotisierend und ritualisiert die selbstbewusste Eleganz von Leighs Können im Umgang mit Ton und Stein. Der Film war Teil der Schau Leighs im US-Pavillon auf der Venedig Biennale 2022, steht als Werk aber auch eindrücklich für sich. Er ist von einem betörenden Sinn für die Haptik bildhauerischer Arbeit geprägt. In der Eröffnungsszene ist ein Tablett mit zerstreuten Bildhauerwerkzeugen auf einem Holztisch zu sehen. Aus der Vogelperspektive filmend fährt die Kamera den Tisch ab und hält über einer Töpferscheibe inne, auf der eine runde Tonplatte liegt. In einer fesselnden Echtzeitdokumentation sieht man zwei Hände, die dicke zusammengepresste Tonstücke abbrechen und das Material zu einem zylindrischen Objekt formen.
Auf subtile, nicht gleich sichtbare Weise, vereint CONSPIRACY in einen einzigen Werk die lange Geschichte vielgestaltiger Praxen Schwarzer Frauen.
Der Film ist eine mitreißende Adaption von HANDS OF INGE (1962), einem 16-mm-Schwarzweiß-Dokumentarfilm über die Künstlerin Ruth Inge Hardison. Hardison, die auch als Schauspielerin und Fotografin tätig war, widmete sich insbesondere ihrem skulpturalen Werk mit großer Hingabe. Als zwei der wenigen Schwarzen Frauen, die in der Bildhauerei Anerkennung erlangten, stehen die widerständigen Persönlichkeiten Hardisons und Leighs innerhalb der weißen Norm der Kunstwelt direkt in Beziehung zueinander. Ganz unmittelbar bezieht sich der Film visuell mit einer daraus übernommenen, stilisierten Choreografie auf HANDS OF INGE. Darin führen Hardisons Hände vor schwarzem Hintergrund sorgfältig die Arbeit mit einer Reihe von Werkzeugen vor. CONSPIRACY greift auch das Eröffnungsbild des älteren Werks auf, das die Hände der Bildhauerin in Großaufnahme zeigt, mit nach oben gestreckten Fingern nebeneinandergehalten wie um die Augen zu bedecken. Mit ihren Händen biegt und lockert Leigh ein dickes Stück Draht; sie schwingt spielerisch einen Tonschneider aus Draht hin und her; in einer Hand hält sie das perforierte Rechteck eines Tonzerkleinerers und streicht es leicht gegen den anderen Arm; eine Hand hält einen Hammer hoch. Durch die sequenzielle Darstellung der Werkzeuge der Künstlerin wird sie als Kunsthandwerkerin und Arbeiterin porträtiert. Anstatt das fertige Werk im Rampenlicht glänzen zu lassen, nimmt sich der Film dokumentarisch dem Atelier als stets geschäftigem, von Leigh und ihren Assistent*innen durchmessenem Ort an.