Regie
Yvonne Rainer
USA / 1985
125 Min.
/ OmU
Originalsprache
Englisch
Yvonne Rainer konstruiert um das Thema einer zerbrochenen Ehe eine bösartig komische Geschichte über den selbstgefälligen Frauenhelden Jack Deller. In einem Sessel vor der Kamera sitzend, räsoniert er über Frauen, deren fehlende Präsenz im Bild den Film durchzieht. Auf der Tonspur hören wir ihre abwechselnd wütenden oder lakonischen Fragen und Kommentare, die den selbstgewissen Diskurs Dellers sowohl unterstreichen als auch unterwandern. Ort und Fluchtpunkt seiner oft lächerlich anmutenden Rede werden zunehmend fragwürdiger: Scheint er in der Eingangsszene noch von einem Sessel aus seinen Analytiker anzusprechen, („Doktor, ich erzähle Ihnen alles, was Sie über mein Sexualleben wissen wollen“), spricht er danach vor einer Leinwand, auf die Filmausschnitte projiziert werden. Die Figur Dellers wird zwischen zwei Darstellern aufgeteilt und so zu einem doppelten Problemfall. Die Sprechakte speisen sich aus gefundenen Texten aus Film- und Alltagskultur, poststrukturalistischer, psychoanalytischer und feministischer Theorie. Über das Thema der gescheiterten (heterosexuellen) Beziehung hinaus werden weitere Konfliktfelder erkundet – Wohnungsnot und Gentrifizierung im New York der 1980er-Jahre, das Recht auf Abtreibung, gewalttätige Machenschaften der USA in Lateinamerika. Mittels einer nicht enden wollenden Collage aus widersprüchlichen Bedeutungsebenen werden immer wieder neue Zusammenhänge hergestellt. „Rainer bemüht sich nicht um irgendeine wohlerzogene Korrektheit oder eine meisterhafte, väterliche Vorstellung von ,transzendenter intellektueller Klarheit‘; vielmehr neigt sie zu einer Art Taumelprozess, einem Ungleichgewicht von Macht, Sprache und Körper.“ (Barbara Kruger, Artforum 1986)
Produktion Yvonne Rainer. Regie Yvonne Rainer. Buch Yvonne Rainer. Kamera Mark Daniels. Montage Yvonne Rainer, Christine Le Goff. Ton Helene Kaplan. Regieassistenz Christine Le Goff. Mit Jackie Raynal, Anne Friedberg, Larry Loonin, Trisha Brown.
Weltvertrieb Kino Lorber
Yvonne Rainer ist eine amerikanische Choreografin, Tänzerin und Filmemacherin. Als eine Pionierin der amerikanischen Avantgarde-Bewegung erstreckt sich ihre Karriere in den Bereichen Tanz und Film über mehr als fünf Jahrzehnte. In ihrem künstlerischen Schaffen legt sie Wert auf Minimalismus und Experimentalismus und stellt konventionelle Formen infrage, um subversive, politische und soziale Themen zu untersuchen. Rainers genredefinierende Arbeit und die Zusammenarbeit mit anderen Künstler*innen wurde u. a. mit einem MacArthur Fellowship, zwei Guggenheim Fellowships und drei Rockefeller Fellowships gewürdigt. Sie gilt weithin als eine der einflussreichsten Performance-Künstlerinnen des 20. Jahrhunderts. Rainer ist emeritierte Professorin an der University of California, Irvine, und lebt und arbeitet derzeit in New York.
Filme: 1972: Lives of Performers (90 Min.). 1974: Film About a Woman Who... (105 Min.). 1976: Kristina Talking Pictures (90 Min.). 1980: Journeys from Berlin/1971 (125 Min.). 1985: The Man Who Envied Women. 1990: Privilege (103 Min.). 1996: MURDER and murder (113 Min.).