Mein künstlerischer Weg begann 1962 als Schauspieler und Autor von Theaterstücken, die vom Centro Popular de Cultura (Volkszentrum für Kultur) in den Straßen von Rio de Janeiro aufgeführt wurden. Doch als diese Tätigkeit nach dem Militärputsch von 1964 verboten wurde, leitete ich meine Kreativität um ins Kino und drehte gemeinsam mit Maler*innen und Musiker*innen aus meiner Künstlerszene kurze Dokumentarfilme.
1968 war ich mit der Schauspielerin Odete Lara verheiratet, und für sie machte ich meinen ersten Spielfilm, COPACABANA ME ENGANA (Copacabana is Mine). Das Projekt ging von dem aus, was ich sah, wenn ich aus meinem Fenster schaute – damals wohnte ich noch im Cobacabana-Viertel. Es wurde ein Film über meine verrückten Freund*innen, meine betrunkenen Streiche, meine Familiendramen, meine Beziehung zu einer älteren Frau – ein von der Nouvelle Vague inspirierter Film über eine Welt, die ich so gut kannte, dass das Publikum von dieser Art Realismus auf der Leinwand vollkommen gepackt war.
Ich kiffte viel mit meinen Kumpels und fing an, mir Gedanken zu machen über all die unsichtbare Gewalt, die meinen Rausch ermöglichte. Also beschloss ich, dass mein nächster Film eine blutige Fabel sein würde über den Machtkampf innerhalb einer Gruppe von Marihuana-Dealern.
Begeistert von der großartigen Resonanz begann ich, von einem zweiten Spielfilm zu träumen, A CANGACEIRA ELETRONICA (The Electronic Hoodlum), einer wilden musikalischen Konfrontation zwischen 70er-Jahre-Hippie-Rock und traditioneller Musik des brasilianischen Hinterlandes. Für dieses sehr avantgardistische Projekt – mit Bühnenbildern und Kostümen von Hélio Oiticica, einem der bedeutendsten brasilianischen Künstler des letzten Jahrhunderts – konnte ich allerdings keinen Produzenten finden. Also musste ich es verschieben.
In den frühen siebziger Jahren kam das Marihuana aus den Slums ins Künstlermilieu. Ich kiffte viel mit meinen Kumpels und fing an, mir Gedanken zu machen über all die Gewalt, die meinen Rausch ermöglichte. Also beschloss ich, dass mein nächster Film eine blutige Fabel sein würde über den Machtkampf innerhalb einer Gruppe von Marihuana-Dealern, der zu ihrer völligen Auslöschung führt.
COPACABANA ME ENGANA war ein Film über eine Welt, die ich sehr gut kannte. Aber mit der Unterwelt des Drogenhandels war ich nicht so vertraut. Daher bat ich den Dramatiker Plínio Marcos, der zwei wunderbare Stücke über Figuren am Rande der Gesellschaft geschrieben hatte, gemeinsam mit mir die Handlung des Films zu entwickeln.
Marcos schlug vor, den Kopf der Dealer-Bande nach einem schwulen Gangster zu benennen, dem er mal begegnet war und der den Spitznamen „Rainha Diaba“ (Teufelskönigin) trug. Die Idee gefiel mir außerordentlich gut. Ich versetzte diese Königin in die wilde Unterwelt von Rio de Janeiro. Zur Umsetzung des visuellen Stils, den ich mir dazu vorstellte, lud ich den Konzeptkünstler Angelo de Aquino ein, einen Queer-Pop-Kitsch-Look für den gesamten Film zu gestalten.
Und als der Regisseur Roberto Farias, begeistert vom Erfolg von COPACABANA ME ENGANA, beschloss, den Film zu produzieren, ging es los. 1973 war ich dann bereit für dieses Abenteuer der Fantasie und der kreativen Freiheit, das all den Kerlen und Miezen, die mit mir diesen rebellischen und randständigen Film erfunden hatten, eine aufregende Zeit beschert hat.
Antonio Carlos da Fontoura
Übersetzung: Stefan Pethke