Der Abspann eines Films veranschaulicht ein System von Hierarchien, welches dem Filmemachen eingeschrieben ist: Produzent*innen, Schauspieler*innen, Regisseur*in, Musiker*in, Drehbuchautor*in erscheinen zuerst, Toningenieur*innen stehen weiter unten auf der Liste. Im Laufe der Jahre hat sich das geändert, da letztere an künstlerischer Anerkennung gewonnen haben und ihre Tätigkeit nicht mehr als ausschließlich technischer Akt des Sammelns und Wiedergebens angesehen wird. Nichtsdestotrotz führt der Despotismus der Bilder immer noch dazu, dass ein Großteil des Einflusses, den der Ton auf die Geschichte ausübt, unterschätzt wird.
Ein Teil dieses Einflusses betrifft die Behandlung der Stimmen, sowohl in den Dialogen, als auch im auf der Leinwand sichtbaren Raum der Tonspur sowie in der Art und Weise, wie das Voiceover gestaltet wird. Letztere wird nicht nur durch die Ausführung der sprechenden Person, durch den semantischen Inhalt des Textes und seine Montage im Verhältnis zum Bild geformt, sondern auch durch den klanglichen Kontext, in den diese Stimme eingebettet ist. Die Summe dieser Einzelelemente vermittelt uns, ob die Stimme von einem Geist kommt oder im Kopf einer Figur steckt oder ob es ein*e allwissende*r Erzähler*in ist, die Informationen zur Handlung beisteuern muss.
An dieser Stelle könnte ich das gesamte Spektrum an unterschiedlichen narrativen Erfahrungen betrachten, die sich das Kino durch den Einsatz von Voiceover zu eigen macht und mit denen es die Einheit des Gedächtnisses – Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft – brechen kann. Doch das hieße, einen zu spezifischen, zu stark einschränkenden Pfad einzuschlagen. Geht es nach den von Aristoteles vorgeschlagenen Kategorien, haben die Subjekte die Organisation der Aussagen zu übernehmen. Trotzdem glaube ich, dass das Voiceover innerhalb der kinematografischen Techniken als ein Hilfsmittel installiert wurde, die diskursiven Widersprüche zu vertiefen, insbesondere die der kinematografischen Sprache selbst. In der Gegenwart einer Kommentarstimme wird die falsche Ordnung der Hierarchien negiert, und dabei deckt sie, auf makellose oder auf schmutzige Weise, die Mechanismen des Möglichen und des Unmöglichen auf, die einer rein kinematographischen Kunst immanent sind.
Albertina Carri, geboren 1973 in Buenos Aires, Argentinien, ist Regisseurin, Produzentin und Drehbuchautorin sowie Künstlerische Direktorin des Asterisco – International LGBTIQ Film Festival in Buenos Aires. Sie war zuletzt 2017 mit CUATREROS (Rustlers) zum Forum eingeladen.
Übersetzung aus dem Spanischen ins Englische von María Anelli, daraus ins Deutsche von Stefan Pethke