Mir gefällt es, mir die Tropen und Einstellungen der europäischen Kunstgeschichte anzueignen und mit ihnen über gegenwärtige indigene Realitäten zu sprechen. Gleichzeitig stelle ich mir vor, wie Kunstbewegungen und -epochen wie der Dadaismus (CREATURA DADA, 2026), die Renaissance (HISTORY SHALL SPEAK FOR ITSELF, 2018) oder der Futurismus (ECHOES FROM A NEAR FUTURE, 2022) aus der Perspektive der Anishinaabe ausgesehen hätten. Mein neues Filmprojekt PIDIKWE wendet sich, ähnlich wie meine anderen Arbeiten, in denen indigene Frauen eine Rolle spielen, der Ära der „Goldenen Zwanziger“ zu und versucht, Gefühle von Freiheit, Selbstentfaltung, Überschwang und Kreativität einzufangen. Die „Années Folles“ (1920–1929) ereigneten sich nach einer Pandemie. Sie waren eine Periode ökonomischen Wohlstands mit einer besonderen kulturellen Dimension – eine Zeit sozialer, künstlerischer und kultureller Dynamik.
Für mich stehen Tanz und Sprache in enger Beziehung zu Wissenssystemen. Sie sind in Gemeinschaft verwurzelte Werkzeuge der Heilung.
PIDIKWE wurde komplett auf analogem Film gedreht, um so die Ästhetik des Kinos der 1920er Jahre nachzuempfinden. Das Projekt verwebt traditionellen und zeitgenössischen Tanz und formt so ein einzigartiges Objekt, das die Grenzen zwischen Kino, Kunstwerk und Performance verschwimmen lässt. Für mich stehen Tanz und Sprache in enger Beziehung zu Wissenssystemen. Sie sind in Gemeinschaft verwurzelte Werkzeuge der Heilung. Es ist wichtig, zu betonen, dass indigene Frauen Überlebende von jahrhundertelanger Assimilierung, Misshandlung, Ausbeutung und Enteignung matriarchaler Werte sind. Der kolonisierte weibliche Körper ist zweifach bedroht. Er ist der Gegenstand sowohl des kolonialen als auch des männlichen Blicks. Weibliche Körper sind seit jeher in kolonialen und patriarchalen Raumanordnungen verankert. Dies trägt zu dem Glauben bei, dass die Körper indigener Frauen frei verfügbar seien – sie sind Objekte oder Landschaften, die besessen und kontrolliert werden können. Ich will diese Körper zurück in unsere Städte setzen, in unsere Leben, unsere Familien unser Vorstellungsräume.
Caroline Monnet