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Wie kann man auf den Materialien etwas erscheinen lassen, das schweigt und erblasst? Dies ist vielleicht die Frage, die die Arbeit von Ginan Seidl durchzieht. Durch Überlagerungen von langen, kontemplativen Kadragen beobachtet Seidls Kamera, ohne in die Kontinuität eines cinéma du réel zu verfallen. Die Evokation der Reise in ihren offenen Horizonten darf nicht mit dem schnellen Blick des Tourismus verwechselt werden. Im Gegenteil, die Reise bei Seidl scheint aus der Erinnerung zu kommen. Wir haben das Gefühl, an einen Ort zurückzukehren, statt ihn zum ersten Mal zu betreten.

Doch es handelt sich nicht um einen statischen Blick, der das Vergehen der Zeit betrachtet. Die Überlagerung von Stimmen, die Einführung von Elementen aus den kulturellen Kontexten, aus denen die Bilder stammen, artikulieren eine präzise Geste. Alle Elemente ruhen an der Grenze zwischen dem Intelligiblen und dem Unintelligiblen, dem Poetischen und dem Kategorischen, dem Bild und dem Wort. Es gibt keine Spur einer ethnografischen Arbeit im Sinne der dokumentarischen Sprache. Die Materialien spielen zwischen dem Kinematischen und dem Klanglichen.

Die Ruhe, die Seidls Bilder evozieren, ist fragil. In ihr wird die Verbindung zwischen Raum und Geschichte, zwischen Gewalt und dem Verlauf der Zeit gewebt.

Seidl arbeitet mit Kompositionen, mit Triptychen und Fragmentierungen des visuellen Raums und orientiert sich so an einer Wahrnehmung, in der das Akustische und das Visuelle sich weder spiegeln noch in einer Kontinuität ergänzen, um die Dinge so zu zeigen, „wie sie sind“. Dieses Spiel lässt durch seine Komposition ein Wort am Horizont erscheinen, lässt den Sinn des Wortes jinn entlang des Gewebes erscheinen, sodass es seine Bedeutung erlangt. Vom Horizont gelangt man zum Körper dieses Wortes, in dem es widerhallt und existiert.

Es handelt sich um eine materielle kinematografische Philologie, in der der Körper nicht ein vorgegebenes Gefäß der Bedeutung ist. Der Körper ist das Medium, in dem nicht nur Horizont und Sprache zusammenfließen und sich ausdrücken, sondern in dem das Wort, das zum Klang wird, existiert – und mehr ist als Landschaft. Auf ihm und seinem Horizont sind die Spuren von Krieg und Macht zu erkennen. Die Ruhe, die Seidls Bilder evozieren, ist fragil. In ihr wird die Verbindung zwischen Raum und Geschichte, zwischen Gewalt und dem Verlauf der Zeit gewebt.

In dieser Grenzsprache tauchen die mythologischen Figuren der Jinn auf – doch ihr Erscheinen ist kein Übersetzungsakt, sondern vielmehr das Berühren der Membran, die das Wort vom Raum zu trennen scheint.

Daniel Moreno

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