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Im Jahre 1969 ist Thelonious Monk auf Durchreise in Paris und tritt in der Fernsehsendung „Jazz Portrait“ auf. Diese Aufnahmen gehören zu den seltenen Archivmaterialien, die ihn solo am Klavier und im Interview zeigen.

Zu dieser Zeit blickt er auf ein Jahrzehnt des späten Erfolgs zurück, in dem ihn seine Konzerttourneen um die ganze Welt geführt hatten. Dann setzt die Erschöpfung ein: Thelonious zieht sich immer mehr zurück und gibt immer weniger Konzerte. Innerhalb von fünf Jahren ist er nahezu vollständig von der Bildfläche verschwunden und rührt das Klavier in seinen letzten fünf Lebensjahren, in denen er praktisch verstummt, nicht mehr an. Die Sendung wird am Vorabend dieses letztens Lebensabschnitts aufgezeichnet.

Seitdem hat Thelonious Monk viel Anerkennung erhalten für sein einzigartiges Musikschaffen und seine außergewöhnliche Persönlichkeit. Medien mit einem Faible für eigenwillige Künstler betitelten ihn als „unvergleichlich“, „Hohepriester“ und „Genie“.

Seine überraschenden Harmonien und Rhythmen, seine exzentrischen Gesten, sein berüchtigtes Schweigen und seine Aufenthalte in psychiatrischen Kliniken haben sowohl zur Missbilligung als auch zum Erfolg beigetragen.

Er pflegte eine ganz eigene Form des Jazz, der nach Monks Verstummen im Ansehen plötzlich von einer lebendigen Populärmusik zu einer hohen Kunst aufstieg. Monk ist ein Bindeglied zwischen diesen beiden Phasen, ein Inbegriff von Integrität in schwierigen, von einem Kampf um Repräsentation geprägten Zeiten, denn die politische Lage lässt sich nicht losgelöst von der öffentlichen Wahrnehmung seiner Person betrachten. Und natürlich wird dieser Kampf um Bestätigung und Repräsentation von den Medien geschürt.

Als populäre Musikform war der Jazz lange Zeit ein Brennpunkt dieser Ambiguität. Er trug sowohl zur Anerkennung als auch zur Stigmatisierung der Schwarzen Kultur bei. Das perfekte Beispiel war Louis Armstrong als einer der ersten großen Vertreter dieser Musikrichtung. Er wurde geachtet, weil es ihm gelungen war, die undurchlässigen Barrieren der Medienwelt zu durchdringen, galt gleichzeitig aber auch als „Uncle Tom“ und damit als Ausbund der Unterwürfigkeit. Diese Dialektik sollte ihn sein Leben lang verfolgen.

Thelonious Sphere Monk war eine Art Palindrom. Sein musikalisches Streben und sein Streben nach Existenz waren untrennbar miteinander verbunden, und sein Schweigen war nicht nur eine Form des Rückzugs, sondern auch der Verwirklichung

Thelonious Monk wollte sich jeglicher Form der Kategorisierung entziehen. Weder Minstrel noch Aktivist. Musiker. Doch ist es ihm wirklich gelungen? Wie lässt sich eine andere Form der Repräsentation erreichen? Und war sie nicht eine Hauptursache für dieses wachsende Gefühl der Isolation, das ihn letzten Endes zum Schweigen brachte?

Diese Bilder helfen uns dabei, die eigentümlich Dialektik, die Welt der Repräsentationen zu erkunden, in der ein Künstler um seine Existenz kämpft und gleichzeitig verzweifelt bemüht ist, ihr zu entkommen, damit seine Musik als das gehört wird, was sie ist.
 

Doch Thelonious Sphere Monk (wie sein vollständiger Name lautete) war eine Art Palindrom. Sein musikalisches Streben und sein Streben nach Existenz waren untrennbar miteinander verbunden, und sein Schweigen war nicht nur eine Form des Rückzugs, sondern auch der Verwirklichung. Er hat seine Musik, seine Worte, seine Gesten immer mit Pausen gewürzt. Er war einer dieser Künstler, die davon überzeugt sind, dass alles, was wir auszudrücken versuchen, nurmehr eine Illustration sein kann. Die echte Wahrheit liegt in den Zwischenräumen verborgen. Und seine Musik bildet, wie auch sein Leben, eine Abfolge von Endpunkten und Anfängen, zwischen denen er die Abstände einfach immer weiter vergrößerte, bis er schließlich eins mit ihnen wurde.

Thelonious fordert uns auf, seinem Beispiel zu folgen und alles in Takte, Sprünge, Resonanzen, Dissonanzen und Wiederholungen zu verwandeln.

Alain Gomis

Übersetzung: Kathrin Hadeler

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