Den Anstoß zu LA PIEL EN PRIMAVERA (Skin in Spring) gaben spontane Alltagsbeobachtungen in den Straßen von Medellín. Konkreter Auslöser war eine flüchtige Begegnung zwischen einer Passantin und einem Busfahrer. Gedankenspiele über eine mögliche Liebesgeschichte in der Stadt leiteten den Schreibprozess ebenso wie die Erkundung weiblichen Begehrens im urbanen Umfeld, das die Inszenierung prägt.
In meiner kreativen Arbeit geht es mir im Kern darum, weiblichen Figuren eine Stimme zu geben, die mit inneren Ängsten zu kämpfen haben und andere Wege aufzeigen als die, die sich gesellschaftlich und kulturell etabliert haben. Mich interessiert die fragende Annäherung an das weibliche Begehren, denn dieses Thema wird in unseren Gesellschaften totgeschwiegen und ausgeblendet, weil es für uns Frauen mit Schuldgefühlen befrachtet wurde und wir lernen mussten, unser Begehren zu verleugnen und zu verstecken. Genau hier setzt meine Frage nach der Lust an, nach wirklicher Freude am Körper: Auf der einen Seite werden Frauen als Sexsymbole betrachtet, und auf der anderen Seite wird uns im Unterschied zu den Männern nicht beigebracht, Sex als Genuss zu erleben, sodass der weibliche Körper am Ende nur dazu dient, anderen Lust zu bereiten, und zu nichts anderem.
Mich interessieren die feinen Nuancen, die in Blickkontakten oder im Schweigen sichtbar werden. Aus diesem Reservoir schöpfe ich, um in das Leben der Figuren einzutreten und an einer Gegen-Geschichte mitzuschreiben, in der die kleinen Feinheiten gesellschaftlichen Ausdrucks im Zentrum stehen. Gerade die kleinen alltäglichen Handlungen sind für mich ein Ansatzpunkt, um ein Bewusstsein für unsere kulturelle Konstruktion von Weiblichkeit zu schaffen.
Yennifer Uribe Alzate
Übersetzung: Andreas Bredenfeld