Unser Film MARIJAS KLUSUMS erzählt die wahre Geschichte der lettisch-deutschen Schauspielerin Maria Leiko. Er beleuchtet das letzte Kapitel ihres Lebens, Leikos Reise in die Sowjetunion, um ihre neugeborene Enkelin zu sich zu holen. Hier wird sie Zeugin und schließlich Opfer der gnadenlosen Verfolgung der lettischen Minderheit während der „nationalen Operation“ des russischen Innenministeriums im Rahmen der von Stalin veranlassten Säuberungswellen. Bei den Rollen, die Leiko verkörperte, ging es ihr nie allein um ein überzeugendes Porträt der Figur. Wie ihr unverwechselbarer Stil und ihre expressive Darstellung spiegelten auch sie ihre politischen Überzeugungen und avantgardistischen Ideen wider, die maßgeblich für ihr Leben waren und zuletzt ihr tragisches Ende betimmten.
Die Rollen, die sich Maria Leiko aussuchte, und ihr unerschütterlicher Glaube an die transformative Kraft der Kunst im Angesicht politischer Repressionen brachten sie in offenen Konflikt mit Stalins brutalem Regime.
Sie lebte in der fortschrittlichsten und kreativsten Zeit des 20. Jahrhunderts, spielte in Filmen wie Friedrich Wilhelm Murnaus SATANAS, stand auf der Bühne des deutschen politischen Theaters von Erwin Piscator und träumte von einer idealen Gesellschaft, die die Rechte des Einzelnen als höchstes Gut betrachten und zugleich der Mehrheit ein Leben in Würde gewährleisten würde. Die Rollen, die sich Maria Leiko aussuchte, und ihr unerschütterlicher Glaube an die transformative Kraft der Kunst im Angesicht politischer Repressionen brachten sie in offenen Konflikt mit Stalins brutalem Regime. Auch wenn sie diesen ungleichen Kampf nur verlieren konnte, erteilt uns ihr Schicksale, wie das von Millionen anderen unschuldigen Menschen, doch eine nachhaltige historische Lektion. Überraschenderweise ist diese Lektion heute, kaum ein Jahrhundert später, angesichts des unmenschlichen Kriegs in der Ukraine, der Unterdrückung in Putins Russland, der weltweiten Konflikte und des beunruhigenden Anstiegs autoritärer Tendenzen selbst in europäischen Staaten, aktueller denn je.
Dāvis Sīmanis
Übersetzung: Clara Drechsler, Harald Hellmann