1. Filme sind die Zeugnisse unserer Auseinandersetzung mit dem Leben.
2. Die Gefühle stecken im Material, und der Schnitt ist die Prozedur, mit der man sie aus dem Material gewinnt.
3. Filme sind der Beweis, dass ich ein lebendes, menschliches Wesen bin.
4. Ein Künstler sollte ein Vorbild im Kampf gegen das eigene Verlangen sein.
5. Trauer und Kummer vor aller Augen sind ausnahmslos aufgesetzt.
6. Die Verlockungen von Geschichten. Die Versuchungen gewöhnlicher Ästhetik. Die Falle von Lob und Anerkennung.
7. Worte machen sich gut, um Gefühle auszudrücken; Fotos und Videos machen sich gut, um Realität zu vermitteln.
8. Wenn du tolerant gegenüber deinen Darsteller*innen bist, bist du grausam zu deinem Publikum.
9. Geschichten sind der Anfang vom Ende.
10. Das Publikum muss dir alles glauben: Filme sind nur künstlerische Visionen; sie stellen die Welt nie so dar, wie sie tatsächlich ist.
11. Warum mache ich Filme? Ich werde mir immer unsicherer – je mehr das Filmemachen zum Job wird.
12. Ein Wunder des Filmdrehs: Völlig unvorbereitet eine Szene festzuhalten, und sie tatsächlich benutzen zu können.
13. Realität plus Realität kann etwas ganz anderes als Realität ergeben.
14. Wenn du etwas Reales vor dir hast, könnte es durch raffinierte Kameraeinstellungen zerstört werden.
15. Manche Erinnerungen, die Menschen unter größten Mühen wieder ans Licht holen, können sich als Hölle erweisen.
16. Die meisten Filme sind ein Gefängnis. Sie selbst und ihr Publikum sind wie Vögel im Käfig: Sie können sich nicht mit der Außenwelt, den realen Zeitabläufen und dem dreidimensionalen Raum verbinden.
17. Gute Schauspieler*innen müssen den Mut (und die Gabe) haben, sich den Menschen von ihrer privatesten Seite zu zeigen.
18. Kinematografie kommt in dem Moment zustande, in dem Menschliches sichtbar wird und das Objektiv eine emotionale Verbindung mit den Darsteller*innen eingeht.
19. Früher oder später ist jeder Film zu Ende, und das Leben geht weiter. Wir sollten uns Gedanken darüber machen, wie wir die Figuren an anderer Stelle weiterleben lassen können …
20. Etwas zu vertuschen kann auch ein Mittel der Wahrheitsfindung sein.
21. Ich mache Filme, um meine Menschlichkeit zu bewahren.
Jin Jiang
Übersetzung: Clara Drechsler, Harald Hellmann