Im aktuellen Podcast spricht Valie Djordjevic mit Yuliia Kovalenko, Filmkuratorin in Kiew und Odessa und Vorsichterin für das Forum. Das Gespräch fand über Zoom statt und hatte vor allem zu Beginn mit technischen Schwierigkeiten zu kämpfen – in den Tagen vorher gab es in der ganzen Ukraine Stromausfälle. An dem verabredeten Tag hat dann doch alles mehr oder weniger funktioniert, nachdem wir das Video ausgeschaltet haben, um die vorhandene Internet-Bandbreite für bessere Tonqualität zu nutzen.
Yuliia Kovalenko ist Filmkritikerin und Programmgestalterin bei Docudays UA, einem internationalen Dokumentarfilm-Festival in Kiew. Für das Forum ist sie Vorsichterin, das heißt, sie schaut sich eingereichte Filme an, kommentiert sie und schlägt manchmal selbst Filme vor. Diese gehen dann an das Programmkomitee (Joan Aguilar, Anna Hoffmann, James Lattimer, Jacqueline Nsiah zusammen mit der Forum-Leiterin Cristina Nord), das das Programm zusammenstellt.
Wir wollten die Gelegenheit nutzen und haben sie gefragt, wie sich die Arbeit gestaltet, wenn um einen herum Krieg herrscht und man damit rechnen muss, dass es jederzeit Luftalarm geben kann und man in den Schutzbunker verschwinden muss. Ihre Antworten waren durchaus überraschend: So banal es klingt, das Leben geht weiter, Menschen gehen ins Kino und machen Filme.
Filme spielen sogar eine wichtige Rolle für das Selbstverständnis der Menschen, sagt Yuliia Kovalenko. Sie geben die Möglichkeit, sich darüber klarzuwerden, in welche Richtung sich eine Gesellschaft entwickeln möchte. Was geschieht nach dem Krieg?
Ein anderes wichtiges Thema war die Frage, wie man mit der Forderung nach einem Boykott russischer Filme umgeht. Dabei war Yuliia Kovalenko differenziert. Sie setzt sich zusammen mit ihren Kolleg*innen dafür ein, zeitweise die Präsentation russischer Filme auf Festivals und ausländischen Kinos auszusetzen. Das würde Platz für andere Sichtweisen schaffen. Außerdem würde es die russische Propaganda, die auch oppositionelle Filme dafür nutzt, um die eigene Position zu stärken, aushebeln.
Zum Weiterlesen
Wer an einem Überblick über das zeitgenössische ukrainische Kino interessiert ist: Forum-Berater Bernd Buder, der auch als Programmdirektor für das Filmfestival Cottbus arbeitet, eines der international führenden Festivals des osteuropäischen Films, hat für die Bundeszentrale für politische Bildung einen Übersichtstext geschrieben.
Bernd Buder: Das zeitgenössische ukrainische Kino und der Nation-Building-Prozess ab 2014
Der Podcast von Forum und Forum Expanded „Bilder Denken“ beschäftigt sich mit großen Leinwänden und kleinen Bildschirmen, was sich heute beim Filmeschauen und Filmemachen geändert hat und welche Konsequenzen das hat – auf das Leben und auf den Film.
Er wird gehostet von Valie Djordjević. Sie ist Social-Media-Redakteurin für das Forum und das Arsenal – Institut für Film und Videokunst, außerdem Autorin, Fotografin und Übersetzerin. Zuletzt hat sie das Buch „Die Berliner Schule im globalen Kontext. Ein transnationales Arthouse-Kino“ herausgegeben von Marco Abel und Jaimey Fisher (Transcript Verlag 2023) übersetzt.