Der dritte Block der Reihe Forum & Friends widmet sich den dokumentarischen Arbeiten des Minsker Studio Tatyana, des einzigen unabhängigen „Frauenfilm- und Videostudios“ in der ehemaligen UdSSR. Gegründet 1991 von Kamerafrau Tatjana Loginova und den Drehbuchautorinnen und Regisseurinnen Ella Milova und Irina Pismennaja leistete es vielfältige Filmproduktions- und -vermittlungsarbeit, deren Höhepunkt noch im selben Jahr das erste Internationale Frauen Film Festival in Osteuropa war – im belarussischen Minsk. Die Arbeit des Kollektivs war nicht nur filmkulturell, sondern auch politisch zentral. Aljaksandr Lukaschenka – seit 1994 an der Macht – ließ das Studio 2003 schließen. Die rechercheintensiven Filmarbeiten sind einzigartige Quellen der nicht-offiziellen Geschichtsschreibung jenes Staates in Europa, der kurz nach der Unabhängigkeit (wieder) zur Diktatur wurde. Sie arbeiten als politisch-widerständige Praxis allem entgegen, was heute (nicht nur) in Belarus (erneut) salonfähig ist: patriarchal-reaktionäres Denken, Machtmissbrauch, Gewalt, Repression. Und Niedertracht. (Barbara Wurm, Gaby Babić)