Thomas Arslan (*1962) ist seit nahezu 30 Jahren eine zentrale Figur des deutschen Gegenwartskinos. Als ein Vertreter der sogenannten Berliner Schule hat er es mit einer auf Reduktion setzenden Ästhetik erneuert und um einen stilisierten Alltagsrealismus bereichert, mit seiner Berlin-Trilogie über deutsch-türkische Jugendliche eine spezifische Form des postmigrantischen Kinos avant la lettre entwickelt und im Bereich Genrekino mit Gangsterfilmen, einem Western und einem Roadmovie brilliert. Der Fokus seiner Filme liegt häufig weniger auf äußeren Vorgängen als auf der Beschreibung innerer Zustände. In seinen dokumentarischen Arbeiten lässt er sich mit großer stilistischer Klarheit auf das ein, was er vorfindet. Die Erkundung des Berliner Stadtraums prägt viele seiner Filme auf unnachahmliche Art – wobei Raum bei Arslan meist über Menschen in Bewegung erzählt wird, in Berlin genauso wie im Wilden Westen. Das ist buchstäblich zu verstehen: Arslans Kino zeigt gerne, wie die Figuren gehen, alleine und nebeneinander, wie sie sich durch ihre Umgebung bewegen. Und es ist selbst in Bewegung: Ausgehend von Essen und Berlin weitet sich der geografische Radius seines Kinos über die Jahre, es verlässt die Stadt ins Brandenburger Umland, später dann in die Türkei, nach Kanada und Norwegen, um jedoch stets auch wieder nach Berlin zurückzukehren.
Parallel zu einer Ausstellung im Neuen Berliner Kunstverein (n.b.k.) zeigt das Arsenal bis Anfang August eine Werkschau der Filme von Thomas Arslan. Am Eröffnungswochenende laufen frühe Kurzfilme aus Arslans Studienzeit an der DFFB sowie seine jüngste für die Ausstellung realisierte Arbeit AM RAND REVISITED. Außerdem freuen wir uns, in diesem Rahmen eine Preview seines aktuellen Thrillers VERBRANNTE ERDE präsentieren zu können. Das Programm integriert außerdem einige für Arslan wichtige ästhetische Traditionslinien (Filme von Shirley Clarke, Jean Eustache, Orson Welles, Robert Bresson, Barbara Loden) – sein Kino ist spürbar mit filmhistorischer Reflexion grundiert. Es wird flankiert von Gesprächen mit dem Filmemacher und zahlreichen Einführungen, die verschiedene Aspekte seines Werks beleuchten: den Fokus auf Jugendliche (Diedrich Diederichsen am 18.6.), eine Einordnung in das (post)migrantische Kino (Till Kadritzke am 20.6.), die Ästhetik der Berliner Schule (Michael Baute am 26.6.), die Arbeit mit nicht-professionellen Darsteller*innen (Serpil Turhan am 28.6.), den dokumentarischen Ansatz (Matthias Dell am 4.7.), die Stadt Berlin als filmischer Raum (Elena Meilicke am 7.7.), den Wechsel zum Schauplatz Natur (Sabine Nessel am 18.7.) und das Genrekino (Jan Distelmeyer am 13.7. zum Kriminalfilm/Thriller, Anke Leweke am 25.7. zum Roadmovie, Bert Rebhandl am 27.7. zum Western). (Birgit Kohler)
Die Werkschau wird im Juli fortgesetzt. Mit freundlicher Unterstützung des Neuen Berliner Kunstvereins (n.b.k.).