Schwindel, Taumel, Wanken – der sensorische Wirbel ist dem Kino quasi eingeschrieben. Schwindelerregend mögen die ersten bewegten Bilder für das damalige Kinopublikum gewesen sein, auch wenn die Überlieferung vom Erschrecken bei Lumières Die Ankunft eines Zuges auf dem Bahnhof in La Ciotat (1896) längst als Marketing-Trick enttarnt wurde. Ein körperliches wie mentales Durcheinander, gespeist aus dem Wanken der filmischen Welt, sich auflösender Orientierung und fehlendem Halt kann Zuschauer*innen auch heute noch überkommen. Die destabilisierenden Trigger sind vielfältig, fangen nicht selten bei einer entfesselten Kamera (siehe Vertigo-Zoom) an und bilden den Ausgangspunkt für Reflexionen gesellschaftlicher Dynamiken, für ein Nachdenken über (und die Wahrnehmung von) Zeit und Raum, Mensch/Natur und Maschine. Beispiele dafür liefert die Auswahl der Magical History Tour im Januar: eine Reise ins Bodenlose von LIMITE (Mário Peixoto, Brasilien 1931) bis LEVIATHAN (Castaing-Taylor/Paravel, USA/F/GB 2012). (Milena Gregor)