Sa 25.02.
20:00
Kino
Arsenal 1
Die Reihe „Fiktionsbescheinigung“ wirft die Frage auf, wie Kultur im Allgemeinen, Kino im Besonderen, Gesellschaft und Rassismus zusammenhängen. Sie widmet sich dem Schaffen von Schwarzen Regisseur*innen und Regisseur*innen of Color in Deutschland und versteht sich als ein Experiment in geteilter kuratorischer Verantwortung. Dabei wirft sie auch ein Schlaglicht auf ein zu Unrecht zu wenig bekanntes Kapitel deutscher Filmproduktion.
Die Filmauswahl haben die Kurator*innen Karina Griffith, Jacqueline Nsiah und Can Sungu getroffen. Unterstützt haben sie dabei Enoka Ayemba und Biene Pilavci sowie das Auswahlkomitee des Berlinale Forums.
Regie
Wanjiru Kinyanjui
Bundesrepublik Deutschland / 1988
10 Min.
/ 16 mm
/ OF
Originalsprache
Englisch
Eine junge Schwarze Frau, gespielt von Alida Babel, geht allein durch Berlin. Es ist nach Mitternacht, die Absätze auf den Stufen zur U-Bahn klackern, der Zug ist gerade weg, der leere Bahnsteig ein Angstraum. Zwölf Minuten Warten, die Stimme aus dem Off, die der Regisseurin selbst gehört, klagt: „Diese Ungeduld!“
Wanjiru Kinyanjuis während des Studiums an der DFFB entstandene Miniatur A LOVER & KILLER OF COLOUR (1988) kreist um die Erfahrung sexistischer Anmache und rassistischer Beleidigung – und um die Wut, die daraus erwächst. Was tun mit der Aggression, die in der demütigenden Situation kein Ventil findet? Der Film schaut dabei zu, wie sich der Zorn in künstlerische Arbeit übersetzt. Die nächtlichen Szenen wechseln mit Aufnahmen aus dem Atelier der jungen Frau; sie ist Malerin, und sie schreibt. Während sie tippt, sagt die Stimme aus dem Off: „Wenn ihr nicht aufhört,/ mich zu beschimpfen,/ ihr Blutegel,/ werde ich euch töten/ in diesem Gedicht.“ Den Umweg über die Sublimation, die die Wut einhegte, schlägt Wanjiru Kinyanjui mit ihrer Direktheit aus, den Wunsch nach Wiedergutmachung nicht: „Durch Worte wird mein Vertrauen repariert/ auf weißem Papier.“ (Cristina Nord)
Regie
Wanjiru Kinyanjui
Deutschland / 1995
82 Min.
/ 35 mm
/ OmeU
Originalsprache
Englisch, Swahili
Wanjiru Kinyanjuis Spielfilm DER KAMPF UM DEN HEILIGEN BAUM sieht man nicht an, dass die Regisseurin damit 1994 ihr Studium an der DFFB beschloss. Sie legt einen Witz und eine Souveränität an den Tag, wie man sie in Abschlussfilmen selten findet. Auch räumlich bewegt sie sich weit weg von Berlin. Gedreht hat sie in einem kenianischen Dorf und mit kenianischen Darsteller*innen. Vorlage ist eine Kurzgeschichte der Bestsellerautorin Barbara Kimenye. Gesprochen wird mal Englisch, mal Kisuaheli, und die Musik stammt von einem senegalesischen Musiker, Mamadou Mbaye.
Die Protagonistin, Mumbi, verlässt Nairobi und ihren Mann, weil der sie schlägt. Zurück im Dorf der Vorfahren legt sie sich mit einer christlichen Frauengruppe an. Diese ist fest entschlossen, alle Reste vorkolonialen Glaubens auszumerzen, und ärgert sich über einen prächtigen Baum, da ihm die Dorfbewohner*innen übernatürliche Kräfte zusprechen. Ein listiger Bürgermeister und ein verliebter Schneider springen Mumbi zur Seite, und am Ende sind Ameisen die Agenten dessen, wofür Ngũgĩ wa Thiong’o, der große alte Mann der kenianischen Literatur, einst den Begriff der „Dekolonialisierung des Denkens“ prägte. (Cristina Nord)