Fr 11.02.
11:00
Kino
Arsenal 1
Die Reihe „Fiktionsbescheinigung“ wirft die Frage auf, wie Kultur im Allgemeinen, Kino im Besonderen, Gesellschaft und Rassismus zusammenhängen. Sie widmet sich dem Schaffen von Schwarzen Regisseur*innen und Regisseur*innen of Color in Deutschland und versteht sich als ein Experiment in geteilter kuratorischer Verantwortung. Dabei wirft sie auch ein Schlaglicht auf ein zu Unrecht zu wenig bekanntes Kapitel deutscher Filmproduktion.
Die Filmauswahl Kurator*innen Enoka Ayemba und Biene Pilavci die Filmauswahl getroffen. Unterstützt haben sie dabei Karina Griffith, Jacqueline Nsiah, Can Sungu sowie das Auswahlkomitee des Berlinale Forums.
Regie
Raoul Peck
Bundesrepublik Deutschland / 1985
18 Min.
/ 16 mm
/ OmeU
Originalsprache
Deutsch
Anfang der 80er Jahre studierte der aus Haiti stammende Regisseur Raoul Peck an der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin. Sein während des Studiums entstandener Film MERRY CHRISTMAS DEUTSCHLAND ODER VORLESUNG ZUR GESCHICHTSTHEORIE II ist ein scharfsinniger Essay, in dem sich jener spezifische Dokumentarstil ankündigte, der in späteren Werken zur Entfaltung kommen sollte. In 18 verdichteten Minuten kontrastiert Peck abgefilmte Fernsehübertragungen von Bundestagsdebatten mit Aufnahmen betongrauer Berliner Nachkriegsarchitektur, hin und wieder um Solarisations- und andere experimentelle Effekte ergänzt, und spielt dazu Musik von Vivaldi, Miles Davis sowie Audioaufnahmen unklarer Herkunft, in denen vom Einkaufen und dem Wunsch nach Weltfrieden die Rede ist. Statt einer Erzählstimme in der ersten Person wählt Peck ironische Wörterbuchdefinitionen als Zwischentitel, „Optimismus“, „Demokratie“, dazu Zitate, u.a. des preußischen Generals Clausewitz, „die Kriege gebildeter Völker“ seien „viel weniger grausam und zerstörend als die der ungebildeten“ – ein Trugschluss, gegen den sich Peck nicht nur damals, sondern auch in den folgenden Jahrzehnten immer wieder entschieden verwehrt hat. (Jesse Cumming)
Regie
Hito Steyerl
Deutschland / 1998
62 Min.
/ OmeU
Originalsprache
Deutsch
Schon aus den ersten Worten spricht die ungebrochene Aktualität von DIE LEERE MITTE: „Es gibt viele Arten, eine Grenze zu durchbrechen. Es gibt viele Arten, neue Grenzen zu errichten.“ Obwohl sich Hito Steyerl 1998 auf Berlin bezieht, ist die Erkenntnis, dass Grenzen zyklisch aufgelöst und neu gezogen werden, zeitübergreifend gültig, sowohl innerhalb dieses Films als auch weit darüber hinaus. Nach dem Mauerfall wurde viel über die brachliegende Stadtmitte nachgedacht, über ihre komplexe Geschichte und die Rolle, die sie für das Bild des neuen Deutschland spielen könnte. Steyerl stellt gekonnt Zusammenhänge her – zwischen den Besetzer*innen des Todesstreifens, der Familie Mendelssohn, dem Haus Vaterland, allerlei Protesten und Paraden sowie dem Kolonialismus und den Akten des Widerstands – und findet immer wieder die gleichen Tendenzen, die sich durch die Geschichte hindurchziehen: Abwehr ausländischer Arbeiter*innen, die Politik der Grenzziehung zum eigenen Vorteil, ideologisierte Bauvorhaben und die nicht enden wollenden Angriffe auf PoC. Auch wenn die Mitte nicht mehr leer ist – es nimmt einfach kein Ende. (James Lattimer)