Polizeibericht Überfall und Die Austernprinzessin

Als Jay Leyda 1964 ans Staatliche Filmarchiv der DDR kam, sollte er u.a. helfen, noch nicht erfasste Bestände zu sichten und zu identifizieren. Ein Sammlungsschwerpunkt des SFA lag auf deutschen Filmen aus der Zeit vor 1945 und Leyda nutzte die Gelegenheit, eigene Wissenslücken zu schließen. Zwei besonders vergnügliche Entdeckungen waren für ihn Ernö Metzners zwischen Avantgarde und Arbeiterfilm angesiedelter Berliner Kurzkrimi POLIZEIBERICHT ÜBERFALL und Ernst Lubitschs in den UFA-Studios in Tempelhof gedrehte Groteske DIE AUSTERNPRINZESSIN mit Ossi Oswalda als „Vasen zerdöppernde Dollarmiß“, wie die zeitgenössische Presse schrieb. Lubitschs typische Alliance aus Gesellschaftskritik und Situationskomik kommt hier im Gewand eines auch in den Bauten, Kostümen und Requisiten exaltierten Lustspiels um eine amerikanische Milliardärstochter daher, die vom unbändigen Verlangen getrieben wird, einen europäischen Prinzen zu heiraten. Der zu seiner Zeit bereits begeistert aufgenommene Film hat nichts von seiner Originalität eingebüßt. Zu Beginn von POLIZEIBERICHT ÜBERFALL bückt sich ein braver Angestellter nach einem Groschen, der einem anderen in den Rinnstein gefallen war und der sich kurz darauf als Falschgeld erweist. Als ihn der Finder dennoch in Umlauf bringt, kommt eine Verkettung misslicher Umstände in Gang, deren Hauptschauplätze eine Berliner Arbeiterkneipe, das Zimmer einer Prostituierten und das Gesicht des Hauptdarstellers Heinrich Gotho sind. Jay Leyda könnte auf den Film während einer Recherche zu Kurt Gerron gestoßen sein, der in einer Nebenrolle zu sehen ist. Der Film hat ihn aber wohl auch deswegen interessiert, weil Metzner, der später vor allem als Szenenbildner gearbeitet hat, damals im Umfeld des proletarischen Films der Zwanziger Jahre aktiv war. Leyda empfahl den Film – erfolgreich – dem Museum of Modern Art für deren Sammlung von Filmen der Weimarer Zeit.

Filme:
Polizeibericht Überfall Ernö Metzner D 1928 35 mm 20 Min.
Die Austernprinzessin Ernst Lubitsch D 1919 DCP 57 Min.

Beide Filme wurden von der Deutschen Kinemathek Berlin zur Verfügung gestellt.