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Guy Maddin, geboren 1956 und nach dem B-Movie-Star Guy Madison benannt, kommt aus Winnipeg. Sein neues Experimentalfilmepos, ein melodramatischer Stummfilm mit Orchesterbegleitung, Foleys, eine(r) SängerIn und einem Erzähler, wurde beim diesjährigen Toronto International Film Festival in einer bewegenden Galavorstellung in The Elgin gefeiert. Die Europapremiere von THE BRAND UPON THE BRAIN! wird nicht lange auf sich warten lassen. Doch zuvor wird THE SADDEST MUSIC IN THE WORLD (2003) an den Start geschickt: Um mit Hilfe der traurigsten Musik der Welt die Depressionszeit in jenem verborgenen Winnipeg zu überleben, schreibt eine Barbesitzerin mit gläsernen Beinprothesen (Isabella Rossellini) einen Wettbewerb aus. Auch dieser Schwarzweißfilm, größtenteils auf Super-8 gedreht, ist in seiner unendlichen Fülle von Fantasien und expressiven Gefühlen großes Kino. Wir nehmen den Kinostart zum Anlass, das Gesamtwerk von Guy Maddin, das zwischen Fritz Lang, Ed Wood, David Lynch, Luis Buñuel, Akira Kurosawa, Ulrike Ottinger, Vera Chytilová, Martin Arnold und Matthias Müller einen ganz speziellen Platz einnimmt, im Arsenal zu präsentieren. Gleichzeitig reist es durch fünf weitere Städte. Es ist uns eine besondere Freude, Guy Maddin selbst zu diesem Anlass begrüßen zu können. Die persönliche Begegnung mit ihm soll nicht etwa zur Auflösung all der Rätsel dienen, die seine Filme enthalten, sondern sie mit noch mehr selbst geschriebenen Geschichten anreichern. "Verklärte Artefakte, die enthusiastisch aus dem Fundus der Filmgeschichte schöpfen", so Brigitta Burger-Utzer über das Kino von Guy Maddin. Hier wird Autobiografie zum Stoff, aus dem die Träume sind: Stumm- und früher Tonfilm, Film noir, Surrealismus, Melodramen und Undergroundfilme der 60er Jahre haben sich in seinen persönlichen Lebenslauf, in düstere Familiengeschichten eingeschrieben, zwischen dem Schönheitssalon seiner Tante und der Hockey-Arena Winnipegs, wo sein Vater die Seniorenmannschaft betreute.
Mit großer Geste laden wir ein, mit uns in Maddins Subwelten des Kinos einzutauchen. Wer erlebt, wie in Winnipeg aus biografischen Abgründen ebenso fantastische wie melodramatische Kinogeschichte geschrieben wird, wird vielleicht an vergessene Träume erinnert und verbringt die Nacht nach dem Kinoabend selbst als gefeierter Star auf der Bühne des Elgin. Als Vorfilm zu THE SADDEST MUSIC IN THE WORLD zeigen wir am Eröffnungsabend A TRIP TO THE ORPHANAGE (2004) und steigen somit gleich mit der Arie einer Opernsängerin und einem der ödipalen Urthemen des Maddinschen Kinos ein: die Begegnung eines Mannes mit seiner Mutter. (3.11.) Und so beginnt das nachfolgende Programm mit Maddins erstem Kurzfilm THE DEAD FATHER (1985), einem autobiografisch motivierten Gespensterfilm, der oft in die Nähe von Lynchs Eraserhead gerückt wurde. ODILON REDON OR THE EYE LIKE A STRANGE BALLOON MOUNTS TOWARDS INFINITY (1995) ist "der Versuch, ein Odilon-Redon Kartenspiel zu lithografieren und die Karten von einem betrunkenen Croupier ans Publikum verteilen zu lassen". (G.M.) In MY DAD IS 100 YEARS OLD (2005) verkörpert Isabella Rossellini nicht nur ihre Mutter Ingrid Bergman, sondern mit Fellini, Hitchcock, Chaplin und Selznick weitere Ikonen der Filmgeschichte. WORKBOOK (2006) ist die Zusammenfassung von sechs neuen Kurzfilmen. (3.11.) Tags drauf präsentiert Maddin eigene Filme zusammen mit Werken von Oskar Fischinger, Ladislaw Starewicz, Martin Arnold, Matthias Müller und Buster Keaton: "A selection of deadly pleasures. A couple of canonical shorts plus two of my own thrown in to rub shoulders with greatness." (4.11.) Zu Beginn des 20. Jahrhunderts besuchen zwei Kinder ihre sterbende Mutter im Krankenhaus. Dort erzählt ihnen ein Verwandter eine isländische Sage. Guy Maddins Debütfilm TALES FROM THE GIMLI HOSPITAL (1988), den er mit wenig Geld im suggestiven Stummfilmstil im Schönheitssalon seiner Tante drehte, war einer der großen Hits der Midnight Movie im New York der 80er Jahre. So drehte er mit HOSPITAL FRAGMENT 1999 selbst ein Remake des Originals. (4. & 5.11.) ARCHANGEL (1990) ist ein Stummfilm auf Acid: "Ein zwischen Herzblut-Kitsch und surreal-parodistischen Einlagen havarierendes Melodram, angesiedelt in einer russischen Kleinstadt, wo niemand das Ende des 1. Weltkriegs mitbekommen hat. Inmitten labyrinthischer Komplikationen entsteht ein Zustand kollektiver Amnesie." (C. Huber) (5. & 6.11.) CAREFUL (1992) ist ein Bergfilm: "Im unseligen Tiroler Tolzbad kommt es in Technicolor-Farben zu unerhörten Verwirrungen der Gefühle, denen kein freier Lauf gelassen werden darf: Das geringste Geräusch könnte eine tödliche Lawine auslösen. Eine hochkomische Satire und eine somnambule, düstere Tragödie. Maddins prächtigster, enigmatischster Langfilm." (C. Philipp) (7. & 8.11.) TWILIGHT OF THE ICE NYMPHS (1997) ist eine surrealistischerotische Fantasmagorie: Als wäre ein Farbtopf auf der Leinwand explodiert, schillert die üppige Idylle von Mandragora: das Land, in dem die Sonne nie untergeht. An Bord eines Schiffes kehrt ein ehemaliger politischer Gefangener in seine Heimat zurück. Seine Reisebekanntschaft, eine ebenso schöne wie geistreiche Frau, entflammt in ihm sofort ein Gefühl der Verliebtheit. So dreht sich das Liebeskarussell in schwelgendem Rhythmus, bis das Schicksal zuschlägt. (9. & 10.11.) In GUY MADDIN: WAITING FOR TWILIGHT (1997) beobachtet Noam Gonick die Dreharbeiten zu TWILIGHT, die in einer stillgelegten Stahlgießerei in Winnipeg stattfinden. Zwischen bizarren Requisiten, von einer Straußenherde umgeben oder von einer Grippe ans Bett gefesselt, erzählt Maddin von seiner Kindheit, die er vor dem Radio sitzend im familiären Friseursalon verbracht hat, von seinen künstlerischen Vorbildern und von den guten Geistern, die seine Filmarbeit lenken. (11. & 12.11.) THE HEART OF THE WORLD (2000) ist "der Welt erstes unterschwelliges Melodrama." (Guy Maddin); FANCY, FANCY BEING RICH (2002) ein surrealistischer Stummfilm über betrunkene Seeleute und ein Zimmermädchen, das seine wahre Liebe nicht finden kann. DRACULA – PAGES FROM A VIRGIN’S DIARY (2002) entwirft eine kühne Synthese von Avantgardefilm und Bühnenchoreografie. Guy Maddin zeigt nicht nur die fließende Bewegung des außergewöhnlich physischen und sinnlichen Balletts, das Mark Godden mit dem Royal Winnipeg Ballet erarbeitete. Er ergänzt es mit Pantomime und Zwischentiteln. (13. & 14.11.) Zum Abschluss zeigen wir IT'S A WONDERFUL LIFE (2001), ein kunstvolles Musikvideo für die Band Sparklehorse, SISSY BOYS SLAP PARTY (1995), eine Party im Dschungel und SOMBRA DOLOROSA (2004), einen melancholischen Kurzfilm im Stil eines mexikanischen Wrestling-Films. Zu COWARDS BEND THE KNEE ( 2003) schreibt Jim Hoberman: "Maddins Inszenierung ist nicht weniger bemerkenswert als seine Beschwörung verbotener Lüste. Die düstere Stimmung und einige Motive des Films erinnern an Horrorfilme der frühen 30er Jahre wie Mystery of the Wax Museum oder Mad Love." (15. & 16.11.) "In the Name of Her Father: Rossellini" ist der Titel der Fotoausstellung von Jody Shapiro (Produzent und Kameramann von Guy Maddin) mit Aufnahmen von Isabella Rossellini, die während der Dreharbeiten zu MY DAD IS 100 YEARS OLD (2005) entstanden sind. Die Ausstellung ist vom 3.–14.11. im Roten Foyer des Kinos Arsenal zu sehen. Jody Shapiro danken wir auch für seine tatkräftige Unterstützung dieser Retrospektive, die in Zusammenarebit mit der Winnipeg Film Group entstanden ist. Zudem gilt unser großer Dank der Botschaft von Kanada, Telefilm Kanada, der Toronto International Film Festival Group, dem Verleih Weltecho und den beteiligten Kinos, die die Tournee aktiv mitgestaltet haben: Das Kino 46 in Bremen, das Metropolis in Hamburg, das Münchner Filmmuseum, die Rote Fabrik in Zürich und das Stadtkino Basel.
Die Eröffnung der Ausstellung findet am 3.11. um 18 Uhr im Roten Foyer mit einem kleinen Empfang statt, das Filmprogramm beginnt um 19 Uhr. Zur Retrospektive erscheint ein Katalog. Der Tourplan für alle Städte: Programm I
A Trip to the Orphanage
The Saddest Music in the World Do 2.11. | 21.00 Zürich | Rote Fabrik, Aktionshalle
Fr 3.11. | 19.00 Berlin | Arsenal
Fr 3.11 | 21.30 Basel | Stadtkino
Sa 4.11 | 17.30 Basel | Stadtkino
So 5.11. | 20.30 Bremen | Kino46
Mo 6.11. | 21.15 Hamburg | Metropolis
Di 7.11. | 21.00 München | Filmmuseum Programm II
Shorts: The Dead Father | Odilon Redon
My Dad is 100 Years old | Workbook Fr 3.11. | 21.30 Berlin | Arsenal
Mi 8.11. | 21.00 München | Filmmuseum
Fr 10.11. | 21.30 Hamburg | Metropolis
So 12.11. | 19.00 Hamburg | Metropolis
Mi 15.11. | 21.00 Basel | Stadtkino
Fr 17.11. | 22.00 Bremen | Kino46
Sa 18.11. | 22.00 Bremen | Kino46
Do 23.11. | 21.00 Zürich | Videoex, Kunstraum Walchturm Programm III
Hospital Fragment | Tales from the Gimli Hospital Do 2.11. | 21.30 Hamburg | Metropolis
Sa 4.11. | 21.00 Berlin | Arsenal
So 5.11. | 19.30 Berlin | Arsenal
Do 9.11. | 20.30 Bremen | Kino46 Fr 10.11. | 22.30 Bremen | Kino46
Sa 11.11. | 22.30 Bremen | Kino46
Di 14.11. | 21.00 München | Filmmuseum
Fr 17.11. | 22.15 Basel | Stadtkino
Sa 18.11. | 20.00 Basel | Stadtkino
Di 28.11. | 21.00 Zürich | Rote Fabrik, Aktionshalle Programm IV
Archangel So 5.11. | 21.00 Berlin | Arsenal
Mo 6.11. | 19.30 Berlin | Arsenal
Do 9.11. | 21.00 Zürich | Rote Fabrik, Aktionshalle
Fr 10.11. | 18.00 Basel | Stadtkino
So 12.11. | 20.00 Basel | Stadtkino
Mi 15.11. | 21.00 München | Filmmuseum
Sa 18.11. | 18.00 Bremen | Kino46
So 19.11. | 18.00) Bremen | Kino46
Fr 17.11. | 21.15 Hamburg | Metropolis Programm V
Careful Mi 1.11. | 20.00 Basel | Stadtkino
Do 2.11. | 18.30 Basel | Stadtkino
Di 7.11. | 21.00 Berlin | Arsenal
Mi 8.11. | 19.30 Berlin | Arsenal
Mi 15.11. | 21.00 Zürich | Rote Fabrik, Aktionshalle
So 19.11. | 21.00 München | Filmmuseum
Di 21.11. | 18.00 Bremen | Kino46
Do 23.11. | 20.00 Hamburg | Lichtmeß-Kino –
mit Auszügen aus Programm 9 Programm VI
Twilight of the Ice Nymphs Fr 3.11. | 19.00 Hamburg | Metropolis
Sa 4.11. | 21.15 Hamburg | Metropolis
Do 9.11. | 19.00 Berlin | Arsenal
Fr 10.11. | 19.30 Berlin | Arsenal
Di 14.11. | 20.30 Bremen | Kino46
Do 23.11. | 18.30 Basel | Stadtkino
Fr 24.11. | 20.00 Basel | Stadtkino
Sa 25.11. | 21.00 Zürich | Rote Fabrik, Aktionshalle
Di 28.11. | 21.00 München | Filmmuseum Programm VII
Guy Maddin: Waiting for Twilight So 5.11. | 19.00 Hamburg | Metropolis
Sa 11.11. | 21.00 Berlin | Arsenal
So 12.11. | 19.30 Berlin | Arsenal
Do 16.11. | 20.30 Bremen | Kino46
Fr 17.11. | 20.30 Bremen | Kino46
So 19.11. | 13.30 Basel | Stadtkino
Mo 20.11. | 18.30 Basel | Stadtkino
So 19.11. | 21.00 Zürich | Videoex, Kunstraum Walchturm
Mi 29.11. | 21.00 München| Filmmuseum Programm VIII
The Heart of the World | Fancy, Fancy being rich | Dracula – Pages from a Virgin's Diary

Fr 3.11. | 21.00 Zürich | Rote Fabrik, Aktionshalle
Sa 4.11. | 22.15 Basel | Stadtkino
So 5.11. | 17.30 Basel | Stadtkino
Di 5.12. | 21.00 München| Filmmuseum
Mi 8.11. | 21.30 Hamburg | Metropolis
Do 9.11. | 21.15 Hamburg | Metropolis
Mo 13.11. | 21.00 Berlin | Arsenal
Di 14.11. | 19.30 Berlin | Arsenal
Do 23.11. | 20.30 Bremen | Kino46
Fr 24.11. | 22.30 Bremen | Kino46
So 26.11. | 20.30 Bremen | Kino46 Programm IX
It's a Wonderful Life | Sissy Boys Slap Party Sombra Dolorosa | Cowards Bend the Knee Mi 6.12. | 21.00 München| Filmmuseum
Mi 15.11. | 21.45 Berlin | Arsenal
Do 16.11. | 19.30 Berlin | Arsenal
Sa 25.11. | 22.30 Bremen | Kino46
Mo 27.11. | 21.00 Basel | Stadtkino
Mi 29.11. | 18.30 Basel | Stadtkino
Do 30.11. | 21.00 Zürich | Videoex, Kunstraum Walchturm

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Arsenal on Location wird gefördert vom Hauptstadtkulturfonds