In Oktober reisen wir mit Zizek durch das Kino, konzentrieren wir uns auf Alfred Hitchcock, und zeigen drei Filme, in denen Psychoanalytiker tragende Rollen spielen. Ist das Kino ein einziger Freudscher Versprecher? Diese und andere Fragen stellt THE PERVERT'S GUIDE TO CINEMA (Sophie Fiennes, 2006) und nimmt den Zuschauer auf eine atemberaubende Reise durchs Kino. Wir werden geführt von dem Philosophen und Psychoanalytiker Slavoj Zizek, der von Filmsets und Filmschauplätzen, quasi aus dem Innern der Filme heraus, spricht. (1. & 5.10.) Zuvor begrüßen wir am gleichen Abend einen anderen Analytiker des großen Kinos: Christoph Girardet führte gemeinsam mit Matthias Müller eine umfassende Videoanalyse durch: Die PHOENIX TAPES (1999) zeigen neu montierte Einstellungen aus 40 Filmen Alfred Hitchcocks. Die sechs Kapitel konzentrieren sich auf eine subjektive Auswahl von Leitmotiven in seinem Werk: "Ein Hitchcock-Sampling und eine Hommage, die ohne Worte jederzeit mit dem konkurrieren kann, was Slavoj Zizek über Symptome, Sinthome und über die suggestive Macht der Wiederholung bei Hitchcock geschrieben hat." (Peter Körte) Im Anschluss an seine eigene Arbeit gibt Girardet noch Einblick in die verborgenen Momente eines Hollywoodstars: TIPPI HEDREN SCREEN TESTS (die in den PHOENIX TAPES verlangsamt eine Träne weint), ist darin bei Probeaufnahmen zu sehen, sowie in einer Serie von Improvisationen mit Martin Balsam. (1.10.) "Hitchcock bricht in PSYCHO (USA 1960) mit narrativen Konventionen, indem er die vermeintliche Protagonistin nach dem ersten Drittel sterben lässt; er bestraft das Publikum für dessen Voyeurismus mit einer Duschszene, in der Blicke zu tödlichen Messerstichen werden, und er verpflanzt das Böse in die Figur des sympathischen, attraktiven Jungen von nebenan und mitten unter uns. Das eigentliche Thema wird jedoch erst gegen Ende des Films von der Figur des Psychiaters erläutert und spiegelt die männliche Angst vor der verschlingenden Mutter wider. Norman Bates mag der mordende Psychopath sein, aber PSYCHO gibt sich Mühe, die Mutter als wahre Schuldige zu positionieren." (Filmarchiv Austria) (3. & 7.10.) Die Sogwirkung des titelgebenden Schwindel von VERTIGO (Alfred Hitchcock, USA 1958) erfasst den Zuschauer schon in der Eröffnungssequenz: Der Polizist Scottie stürzt bei einer Verfolgungsjagd über Dächer beinahe ab. In der Folge zu traumatisiert, um seinen Beruf ausüben zu können, kriegt er als Privatdetektiv den Auftrag, die Ehefrau eines ehemaligen Kollegen zu beschatten. Später erblickt er auf der Straße die Doppelgängerin der Frau, die er mit eigenen Augen hat sterben sehen, und formt sie um zu ihrem Ebenbild – ein Phantasma aber, das er nicht fassen kann. (6.10.) In REBECCA (Alfred Hitchcock, USA 1940) heiratet eine junge, naive Frau den reichen Maxim de Winter, dessen erste Frau Rebecca unter mysteriösen Umstanden starb. In Manderley, seinem riesigen, düsterem Landsitz, ist die tote Rebecca aber noch mit einer Macht präsent, gegen die die junge Frau de Winter nicht ankommt. Von der Haushälterin schlägt ihr die Versicherung entgegen, es in keiner Weise mit der allmächtigen Rebecca aufnehmen zu können. (10. & 12.10.) CAREFREE (Mark Sandrich USA 1938) ist der achte gemeinsame Film des Erfolgs-Gespanns Fred Astaire und Ginger Rogers. Fred Astaire spielt darin einen Psychoanalytiker und Ginger Rogers eine berühmte Sängerin, die zu ihm in Behandlung soll, da sie ihre Verlobung nun schon zum dritten Mal gelöst hat. Sie weigert sich, dem Psychoanalytiker ihre Träume zu erzählen und er hypnotisiert sie, um die Gefühle für ihren Verlobten wieder zu entfachen. (8. & 13.10.) In LA STANZA DEL FIGLIO (Nanni Moretti, Italien 2001) gerät das beschauliche, harmonische Familienleben eines Psychoanalytikers, seiner Frau und seiner beiden Kinder im Teenageralter durch den plötzlichen Unfalltod des Sohnes aus dem Gleichgewicht. Die Trauer vereinzelt die Familienmitglieder, jeder versucht auf seine Weise, mit dem Verlus umzugehen. Der Abschied vom Toten vollzieht sich nur langsam. (9. & 15.10.) In LE SEPTIÈME CIEL (Benoît Jacquot, F 1997) spielt Sandrine Kiberlain Mathilde, eine unglückliche Ehefrau eines vielbeschäftigten Arztes. Unerklärlicherweise hat sie kleptomanische Neigungen und fällt des Öfteren in Ohnmacht. Unter dem Einfluss eines Hypnotiseurs erfährt sie eine Spontanheilung, aber mit ihrer neu entdeckten Sexualität stößt sie bei ihrem Mann auf Unverständnis und Ablehnung. (11. & 20.10.) Ausstellung und Filmprogramm noch bis zum 7.1.07. www.filmmuseum-berlin.de. Veranstaltungen der Psychoanalytischen Fachgesellschaften: www.dpg-psa.de/150freud/.
Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes.
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