Direkt zum Seiteninhalt springen
Nichts könnte Pierre Coulibeufs Konzept besser resümieren als der Titel seines mit Meg Stuart realisierten Films: SOMEWHERE IN BETWEEN. Sein Werk bewegt sich zwischen den Genres – jenseits von Kategorien wie Dokumentarfilm, Fiktion oder Künstlerporträt erforscht er vorzugsweise die Übergänge und Metamorphosen, die Zwischenräume. Es geht ihm nicht um die Reproduktion oder Dokumentation der Werke anderer, sondern darum, diese filmisch weiterzudenken und ihnen eine neue Dimension hinzuzufügen. Anders gesagt: Coulibeuf ermöglicht Begegnungen zwischen den verschiedenen Künsten und setzt diese filmisch so um, dass Kino daraus wird. Wir freuen uns sehr, im Rahmen des Projekts "… wie ein Schatten in der Ferne – Pierre Coulibeuf (film. foto. video)" in Zusammenarbeit mit dem Bureau du cinéma der Botschaft von Frankreich vom 18. bis zum 31. März elf Filme von Pierre Coulibeuf, darunter eine Arbeit als Loop in der Black Box, präsentieren zu können und ihn am Eröffnungswochenende persönlich zu Gast zu haben. Außerdem sind in der Ausstellung "Love Neutral" vom 17. März bis zum 15. April in der PLAY_gallery for still and motion pictures (Hannoversche Straße 1) Fotografien und Videoinstallationen von Pierre Coulibeuf zu sehen. Zur Eröffnung zeigen wir BALKAN BAROQUE (F 1999), Pierre Coulibeufs Auseinandersetzung mit der Performance- und Body-Art-Künstlerin Marina Abramović und deren Universum. Strukturiert wie eine (Auto-)Biografie, enthält der Film – in Kinobilder übersetzt – zahlreiche Performances von Abramović aus den Jahren 1973–1998, bei denen sie ihren eigenen Körper, dessen Belastbarkeit und Schmerzgrenzen, radikal austestet. Zwischen Performance und Alltag, zwischen Realität und Imagination, Dokument und Fiktion, Erinnerungen und Fantasien, erschafft der Film Abramović als Figur mit multiplen Identitäten, die sich ständig neu erfindet. Als Vorfilm läuft Pierre Coulibeufs aktueller Film AMOUR NEUTRE (Love Neutral, F 2005), der, inspiriert von Texten des Schriftstellers Maurice Blanchot und von Porträtaufnahmen der Fotografin Suzanne Lafont, zwei Paare zeigt: Fragmente von Begegnungen zwischen Mann und Frau, die von Umkehr, Trennung, Distanz und Unentschlossenheit gekennzeichnet sind. (18.3., in Anwesenheit von Pierre Coulibeuf, & 22.3.) Ein außergewöhnliches filmisches Porträt ist SOMEWHERE IN BETWEEN (F 2004), ein Film, der die choreografischen Recherchen Meg Stuarts in eine assoziative filmische Erzählung übersetzt. Meg Stuart enthüllt das Wesen der Bewegung, das, was man "Mikroereignisse des Körpers" nennen könnte, anhand von individuellen Verhaltensweisen und Gesten des Alltags unterschiedlichster Personen: ein Paar mit merkwürdigem Gebaren, ein anderes Paar in einem zerstörten Haus, eine junge Frau in einer Tiefgarage, eine Amerikanerin, die in der Schweiz leben möchte und dabei mehr oder weniger traumatisierende Erfahrungen macht. Pierre Coulibeuf interessiert sich anlässlich von Meg Stuarts Improvisationen für den schwer definierbaren Raum zwischen Film und Tanz, zwischen dem Choreografischen und dem Kinematografischen, für das "somewhere in between". Der zweite Film im Programm, LE DEMON DU PASSAGE (The Demon of Passage, F 1995), ist eine Art Bilderrätsel, das die Bilder- und Gedankenketten rekonstruiert, die hinter den Fotografien von Jean-Luc Moulène stecken. (19.3., in Anwesenheit von Pierre Coulibeuf, & 23.3.) MICHEL BUTOR MOBILE (F 2000) ist der Versuch der Rekonstruktion eines Besuchs bei dem Schriftsteller Michel Butor. Die Inszenierung verpflichtet Butor dazu, die Rolle des Schriftstellers zu spielen – er ist der Darsteller seiner eigenen Rolle – wie auch die Besucherin teilweise an der Grenze zur Selbstparodie agiert und so andere Rollen als die der Fachfrau und Expertin andeutet. An die Stelle von Butor setzt der Film eine vielstimmige Subjektivität, lässt Identitäten oszillieren und regt so, unter Bezugnahme auf das geistige und literarische Universum Butors, ein Film-Labyrinth mit einer Vielzahl von möglichen Zugängen an. Der aus drei Episoden bestehende Vorfilm KLOSSOWSKI, PEINTRE-EXORCISTE (F 1987/88) reflektiert die verunsichernden, dämonischen Aspekte der Werke des Schriftstellers und Malers Pierre Klossowski. (21.3.) Zusammen mit dem Choreografen Jan Fabre arbeitete Coulibeuf an LES GUERRIERS DE LA BEAUTE (The Warriors of Beauty, F/Belgien/D 2002) – es entstand eine Fabelwelt aus Tanz, Bewegung und Sinnsuche, eine von den choreografischen und theatralischen Werken Jan Fabres inspirierte Phantasmagorie, unter Mitwirkung von William Forsythe. Ein Ritter kämpft mit einem unsichtbaren Gegner, dem Mund einer jungen Frau entlaufen die für Fabre typischen schillernden Käfer, absurde Rituale werden in choreografische Endlosschleifen umgesetzt. Eine zweifelhafte Ariadne im Hochzeitskleid führt in eine Welt der Verwandlungen, Spiele, Parodien, Rituale und Surrealitäten. In diesem Labyrinth des modernen Tanzes bricht sich die Arbeit von Fabre mit Coulibeufs fantastischer Filmwelt, wird Fabres Tanztheater um eine Dimension erweitert. (24. & 26.3.) In C'EST DE L'ART (That's Art, F 1993) kommentieren und erforschen zeitgenössische Künstler aus Frankreich bekannte Werke der Kunstgeschichte, von ägyptischen Statuen im Louvre bis hin zu Picasso, über van Eyck, Monet, Sutin, Picabia, Fautrier, Bonnard, Delaunay, Schwitters, Léger und Braque. Ihre Ausführungen lassen jedes Werk wie eine dynamische, im Entstehen begriffene Form erscheinen. Die Erläuterungen der Künstler aus dem Off setzen die kreativen Möglichkeiten des Bildes frei, es ist ein Spiel zwischen Ton und Bild im Gange, in dessen Zentrum die Frage steht: Was heißt sehen? (25. & 29.3.) Der norditalienische Maler und Bildhauer Michelangelo Pistoletto wurde durch seine großen Spiegel-Bilder bekannt, in denen man (im Spiegel) vor allem seine Umwelt sieht und (im gemalten Bild) seinen eigenen Rücken. In L'HOMME NOIR (The Dark Man, F 1993–1998) verkörpert der Künstler seine eigene Erfindung, die Figur des "schwarzen Mannes", die durch den Film spukt wie ein Schatten der Vergangenheit. Coulibeuf führt den Zuschauer ein in die Welt des Arte-Povera-Künstlers, filmt ihn beim Rundgang durch seine Installationen und Skulpturen und begleitet ihn auf Reisen. Er fängt Pistolettes Philosophie filmisch ein und verstärkt sie mit eigenen Bildern. (28. & 30.3.) Zum Abschluss der Reihe zeigen wir drei kurze Filme, die Pierre Coulibeuf zur Trilogie "Film und Fotografie" zusammengestellt hat: AMOUR NEUTRE (F 2005) zeigt, inspiriert durch Texte von Blanchot und durch Porträtaufnahmen der Fotografin Suzanne Lafont, Fragmente einer Begegnung zwischen Mann und Frau. LE DÉMON DU PASSAGE (F 1995) ist ein Bilderrätsel, das Bilderund Gedankenketten rekonstruiert, die hinter den Fotografien von Jean-Luc Moulène stecken. In LOST PARADISE (F 2002) befasst sich Coulibeuf mit den Fotografien von Jean-Marc Bustamante (vor allem mit der Aufnahme "La Maison Close"), die von der Beziehung des Menschen zur Welt handeln, einer Welt, die ungewiss, rätselhaft und unfassbar ist. (31.3.) Während der Filmreihe zeigen wir jeden Abend in der Black Box als Loop LE GRAND RÉCIT (The Great Narrative, F 1997), einen Film, der in einem Kunstzentrum in der Bretagne entstand und Kunstwerke und Performances zeigt, die auf dem gesamten Areal (im Schloss, in den Stallungen, im Hof, in den Gräben, im Waschhaus etc.) stattfinden. Sie sind aus Begegnungen zwischen bildenden Künstlern und dem Theater, Kino, Musik, Literatur, Chanson und Fotografie hervorgegangen. (18. bis 31.3.) Im Roten Foyer ist eine Ausstellung mit Plakaten und Fotos von Pierre Coulibeuf zu sehen. Anlässlich der Filmreihe, die durch weitere Städte in Deutschland reist, ist ein reich illustrierter Katalog bei "Fine arts unternehmen books" erschienen, ein Buch ohne Anfang und Ende, das an der Kasse erhältlich ist. Eine Veranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Bureau du cinéma der Botschaft von Frankreich und mit dem Bureau du documentaire/Ministère des Affaires Etrangères. Mit freundlicher Unterstützung des Bureau des arts plastiques–AFAA und Regards Productions. Dank an Laurence Lochu-Louineau.

Gefördert durch:

  • Logo des BKM (Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien)

Arsenal on Location wird gefördert vom Hauptstadtkulturfonds