Es passt nicht ganz in unser Festival of Festivals, war aber ein bedeutendes Kinoereignis der Jahre 2005/2006 und wohl der populärste Crossover-Fall seit Beginn der Kunst-Kino-Diskussion. Matthew Barneys Cremaster Cycle, produziert von Barbara Gladstone, sprengt das klassische Vorführformat und tourte dennoch durch die Kinos: Eine Serie, die nicht in chronologischer Reihenfolge entstanden ist, deren Teile unterschiedliche Längen (von 40 Minuten bis 3 Stunden) haben und die gleichzeitig als ästhetisches Ganzes mit einer Gesamtlänge von 400 Minuten funktioniert. Der CREMASTER CYCLE zerlegt den menschlichen Körper in Einzelteile eines zeitgenössischen Schöpfungsmythos. Auch seine eigene Entstehung brachte einen solchen hervor: Während der Produktionszeit (1994–2002) entstanden aus dem Inneren der Erzählung heraus in Plastik gerahmte Fotoarbeiten, Graphit- und Vaselinezeichnungen und Skulpturen, die in ihrer Materialität dreidimensionale Inkarnationen der Charaktere und ihrer Umgebung sind. Sie entstammen dem gleichen konzeptionellen Rahmen und vermitteln sich dabei mehr räumlich als zeitlich. Hervorgegangen ist der CREMASTER CYCLE aus künstlerischen Darbietungen, die den menschlichen Körper in seiner Abhängigkeit von psychischen Impulsen und in seiner physischen Begrenztheit als Symbol schöpferischer Kraft erscheinen lassen. Das Grundkonzept ist der Biologie entlehnt: Der Kremaster bezeichnet einen willkürlichen Muskel, der die Hoden je nach Temperatur oder Angstzustand hebt und senkt. Barney beschäftigt sich besonders mit dem Prozess der geschlechtlichen Differenzierung während der embryonalen Phase des Menschen. Von CREMASTER 1, dem Stadium des embryonalen Prozesses, in dem der Fötus noch geschlechtlich unbestimmt ist, bis CREMASTER 5, der seinen differenziertesten Zustand darstellt: Wir zeigen den Zyklus einmal als Ganzes (5.8.) und einmal fragmentiert. (Teil 1: 8.8., Teil 2: 10.8., Teil 3: 12.8., Teil 4: 15.8., Teil 5: 16.8.)