Welche Bilder wurden zum Fall der Mauer von deutschen wie auch internationalen Filmemachern gemacht? Diese Fragen stellt sich das Seminar der Humboldt-Universität "Geschichte(n) erzählen: Nach-Bilder der Wende", das von Prof. Dr. Inge Stephan und Alexandra Tacke geleitet wird und eine für alle Interessierten offene Filmreihe im Arsenal beinhaltet.
Andreas Dresen schildert in seinem ersten Spielfilm STILLES LAND (1992) anhand der Vorgänge an einem Provinztheater die Zeit der Wende. Ein junger Regisseur kommt voller Enthusiasmus an ein kleines Theater im Norden der DDR. Mit seinen Ideen stößt er jedoch auf Gleichgültigkeit und Apathie. Die politischen Ereignisse 1989 geschehen weit weg und werden eher ungläubig zur Kenntnis genommen. Schließlich erreicht der Aufbruch auch die Provinz, um doch gleich wieder abzuebben. "Uns war wichtig zu zeigen, wie die Situation sich im Alltag abgespielt hat. Denn so dramatisch, wie das im Fernsehen und aus der Ferne aussieht, ist es im Alltag halt nicht. Da wird’s dann eher lakonisch und geht ganz beiläufig vonstatten. Das ist der Alltag der Geschichte." (Andreas Dresen) (8.5.)
Die acht Wochen vor der Währungsreform, die letzten Tage der DDR, beobachtet Petra Tschörtner in BERLIN – PRENZLAUER BERG. BEGEGNUNGEN ZWISCHEN DEM 1. MAI UND 1. JULI 1990 (D 1990). Bei "Konnopke" am U-Bahnhof Dimitroffstraße wird das erste Westgeld verdient, die Näherinnen bei "Treffmodelle" sehen illusionslos der Zukunft entgegen, in der Kastanienallee diskutieren Hausbesetzer. Rasant geht die Veränderung im Prenzlauer Berg vonstatten – ein persönlich gefärbter Abschied von der DDR. (15.5.)
In Jean-Luc Godards Wendefilm ALLEMAGNE NEUF ZERO (Deutschland Neu(n) Null, 1991) bereist Lemmy Caution, Geheimagent in Godards Alphaville von 1965, das Land nach dem Mauerfall und kommt dabei mit Goethe, Beethoven, Marx, Fassbinder und Ton Steine Scherben in Berührung, die zu Symbolen deutscher Kulturgeschichte geworden sind. Wie der Junge in Roberto Rossellinis Germania anno zero streift auch Lemmy Caution durch Kulissen der Zerstörung, insbesondere die sozio- und psychogeografischen Trümmer der DDR. (22.5.)
AUS LIEBE ZUM VOLK (Eyal Sivan, Audrey Maurion, 2004) ist ein dichter Essay über das Selbstbild eines Stasi-Majors. Die Notizen eines Ex-Offiziers der DDR-Staatssicherheit, die er am letzten Tag seines Dienstes "zum Wohle des Volkes" verfasste, verschaffen einen Einblick in das Selbstverständnis eines Apparats und dessen Allmachtsfantasie, "alles sehen und wissen zu wollen". Die Spannung zwischen der Filmmontage und der Denk- und Bilderwelt eines Überwachungsstaates, wie sie sich im Bericht des Major S. zeigt, wird zur aktiven Auseinandersetzung mit Filmbildern. (29.5.)
Mit Einführungen von Alexandra Tacke. Die Filmreihe wird im Juni fortgesetzt.