In IL GENERALE DELLA ROVERE (1959) wirft Rossellini einen Blick zurück auf die Zeit der Okkupation und der "resistenza". Im Mittelpunkt steht der Bonvivant Bardone, der während der deutschen Besatzung mit dem falschen Versprechen, Gefangenen zu helfen, deren Verwandten "Bestechungsgelder" abnimmt. Als die SS sein Doppelspiel aufdeckt und ihn als Spitzel im Gefängnis einsetzen will, wechselt er die Seiten. In der Rolle des Gentleman-Gauners und heruntergekommenen Offiziers beeindruckt Vittorio De Sica. Wir zeigen die von der Cineteca Nazionale in Zusammenarbeit mit Gruppo Editoriale Minerva/ Rarovideo restaurierte Fassung des Films. (2.6.) ANIMA NERA (1962, Schwarze Seele) basiert auf dem gleichnamigen, in den 60er Jahren erfolgreichen Theaterstück von Giuseppe Patroni Griffi. Die "schwarze Seele" ist der frisch verheiratete Adriano, ein Opportunist und Schwindler. Kaum ist er mit seiner Frau Marcella von der Hochzeitsreise zurückgekehrt, erfährt Marcella Details aus der dubiosen Vergangenheit Adrianos und stellt ihren Mann zur Rede. Es kommt zum Streit, worauf Marcella das Haus verlässt und Adriano sich vorübergehend mit seiner ehemaligen Geliebten tröstet. (3.6.) Eine ganze historische Epoche und die Entstehung des modernen, zentralisierten Staatswesens wie unter einem Vergrößerungsglas zu sezieren, gelingt Rossellini in seinem für das französische Fernsehen gedrehten Film LA PRISE DE POUVOIR PAR LOUIS XIV (Die Machtergreifung Ludwigs XIV, 1966). 1661: Am Morgen nach dem Tod von Kardinal Mazarin beschließt der 23-jährige König Ludwig XIV., die Regierungsgeschäfte selbst in die Hand zu nehmen. Was folgt, ist die rigorose Umsetzung des politischen Programms von Ludwig XIV, die den Hof von Versailles zum absoluten Mittelpunkt Frankreichs werden lässt. 20 Jahre später hat der Sonnenkönig seine Vorhaben umgesetzt, doch um den Preis, selbst eine Spielfigur seiner Machtinszenierung geworden zu sein. (5.6.) Wie bereits IL GENERALE … spielt auch ERA NOTTE A ROMA (Es war Nacht in Rom, 1960) während des Zweiten Weltkriegs. Italienische Widerstandkämpfer versuchen, drei alliierte Soldaten im besetzten Italien in Sicherheit zu bringen. Im Stil einer Chronik konzentriert sich Rossellini dabei ganz auf die Darstellung individueller Schicksale und zwischenmenschlicher Beziehungen. Bemerkenswert sind dabei die Nahaufnahmen der Protagonisten des Films, die Rossellini mithilfe eines speziellen Zoom-Objektivs realisierte. (6.6.) Ab Mitte der 60er Jahre beschäftigte sich Rossellini verstärkt mit den Möglichkeiten des Fernsehens. Seinen eigenen "didaktischen" Konzepten folgend, drehte er aufklärerische, geschichtlich-philosophische Filme und kulturhistorische Untersuchungen der Menschheitsgeschichte. Rossellini fand für seine Fernseharbeiten immer neue Ansatzpunkte und Perspektiven; viele seiner für dieses Medium konzipierten Filme sind von großer Komplexität, wie z. B. SOCRATE (1970), Auftakt von Rossellinis Trilogie über bedeutende Philosophen. Der stark auf Dialogen aufgebaute Film beginnt mit der Erstürmung Athens durch die Spartaner im Jahre 404 v. Chr und endet mit Sokrates' Verurteilung zum Tode. "Im Film wird spürbar, was Rossellini an der Person Sokrates interessierte (und was ihn in die Nähe früherer Rossellini-Helden rückt): es ist die Faszination vom Thema des Leidens und der Verfolgung, vom Festhalten an einer Idee, einer Überzeugung gegen allen Druck, notfalls unter Aufopferung des Lebens." (Ulrich Gregor) (8.6.) Jean-Louis Comolli widmet sich in seinem Dokumentarfilm
L'ULTIMA UTOPIA – LA TELEVISIONE SECONDO ROSSELLINI (F/I 2006) Rossellinis Schaffensphase beim Fernsehen. Dabei versucht Comolli zu zeigen, dass sich Rossellinis für das Fernsehen produzierte Filme weniger von seinen neorealistischen Anfängen unterscheiden als allgemein angenommen. (11.6.) VIVA L'ITALIA (1960) entstand anlässlich der Hundertjahrfeiern für den italienischen Freiheitskämpfer Garibaldi, der 1860 mit seinen tausend Freiwilligen Sizilien und Neapel eroberte und damit den Sturz der dortigen Bourbonenherrschaft bewirkte. Die Einfachheit der Narration ist überraschend: wie in einer Chronik werden die Ereignisse in ihrer zeitlichen Abfolge sachlich und geradezu unparteiisch rekonstruiert. Dabei zeigt Rossellini einmal mehr einen sehr menschlichen Helden, der über Rheuma klagt, jedoch von seiner Macht keinen Gebrauch macht. Rossellinis Garibaldi ist ein Verwandter von Franz von Assisi (FRANCESCO …) und de Gasperi (L'ANNO UNO). (10.6.) VANINA VANINI (1961) beruht auf der gleichnamigen Novelle Stendhals und ist eine exemplarische Liebesgeschichte zwischen einer Aristokratin und einem Freiheitskämpfer. Im Gegensatz zum deutschen Verleihtitel "Der furchtlose Rebell", der den Akzent auf die männliche Hauptrolle setzt, konzentriert sich der Film in erster Linie auf die junge Adlige Vanina Vanini und ihre Liebe für den Rebellen. Dieser Akzentuierung entsprechend hat Rossellini ein anderes Ende als das in der literarischen Vorlage gewählt: Aufgrund des gesellschaftlichen Widerstands gegen die unstandesgemäße Verbindung entschließt sich Vanina Vanini nicht für die Resignation und Rückkehr in ihren Stand, sondern für den Bruch mit ihrer Vergangenheit und den Eintritt ins Kloster. (12.6.) Der zweite Teil von Rossellinis Philosophen-Trilogie ist dem französischen Religionsphilosophen und Mathematiker BLAISE PASCAL (1971) gewidmet, dessen intellektuelle Spannbreite sich zwischen mathematischen und physikalischen Abhandlungen und religiösen Diskursen bewegte. "Was ich versuche zusammenzustellen, das ist die Bewegung der Menschen in der Geschichte. Ein großer Ozean von Leuten verharrt im Stillstand, und manchmal entsteht eine neue Idee und es wird ein kleines Stück einer neuen Bewegung daraus. Nach diesen Dingen suche ich." (Roberto Rossellini) (13.6.) Nach jahrelanger Arbeit für das französische und italienische Fernsehen versuchte Rossellini mit ANNO UNO (Das Jahr Eins, 1974) ein Comeback im Kino. Im Mittelpunkt des Films steht der christdemokratische Politiker Alcide de Gasperi und sein Wirken in der italienischen Nachkriegsgeschichte. Rossellini machte aus seiner Bewunderung für den Menschen und Politiker de Gasperi keinen Hehl, so dass zum Teil der Eindruck des Personenkults entsteht. Für Rossellini ist das "Jahr Eins" das Dezennium der Restauration einer bürgerlichen italienischen Republik um die Person von de Gasperi. Politische und gesellschaftliche Wiedersprüche dieser Zeit werden in ANNO UNO weitgehend ausgeblendet. (14.6.) Adriano Apràs Porträt ROSSELLINI VISTO DA ROSSELLINI (Rossellini, gesehen von Rossellini, 1993) montiert Interviews und Filmausschnitte von den Anfängen Rossellinis bis zu seinem Tod. Aprà beginnt bei den Filmen aus der Kriegszeit, Rossellinis Obsession mit dem Thema des Krieges, die sich in seinen neorealistischen Filmen fortsetzt. Die Beschreibung von Rossellinis Übergang vom Neorealismus zu einer intimeren Darstellung des Individuums, seiner Reise nach Indien, der Entdeckung eines neuen, didaktischen Kinos und seiner Hinwendung zum historischen Film und zum Fernsehen ist verbunden mit Rossellinis Reflexion über Humanismus, Religion, Geschichte, Kunst und das Unterbewusste. (15.6.) Rossellinis letzter abendfüllender Film IL MESSIA (1975) ist die evangelientreue Wiedergabe der Geschichte Jesu, wobei die Verkündung vom kommenden Reich Gottes in den Mittelpunkt gerückt wird. Jegliche Kitschmomente eines episch-biblischen Kostümfilms vermeidend, beschränkt sich Rossellinis nüchterne und strenge Inszenierung auf das Wesentliche, setzt dieses jedoch in einen größeren historischen Zusammenhang und bezieht immer wieder auch die Vorgeschichte des jüdischen Volkes mit ein. (16.6.) In einem Doppelprogramm zeigen wir Rossellinis letzte Fernsehfilme CONCERTO PER MICHELANGELO (1977) und BEAUBOURG, CENTRE GEORGES POMPIDOU (1977). CONCERTO PER MICHELANGELO ist eine Aufzeichnung eines Konzertes des Vatikanischen Orchesters und wurde in der Sixtinischen Kapelle gedreht. BEAUBOURG entstand kurz nach der Eröffnung des Centre Georges Pompidou, des futuristischen Museumsbaus mitten im Herzen des alten Paris. Rossellini beschreibt, wie sich Besucher in dem Gebilde realisierter Science-Fiction bewegen, und wie sich die Funktion der ausgestellten Kunst in diesem Bauwerk verändert: jede Etage ein Kapitel. (29.6.) Nach Rossellinis zehnteiliger "Fernsehserie" L'India vista da Rossellini drehte er noch zwei weitere "Fernseh-Mehrteiler": ACTS OF THE APOSTLES/ATTI DEGLI APOSTOLI (1968) (30.6.) und The Age of COSIMO DE MEDICI (Das Zeitalter Cosimo de Medicis, 1972) (9.6.). ACTS OF THE APOSTLES ist die bildmächtige und in der Beherrschung der filmischen Gestaltung meisterhafte Beschreibung des Lebens der ersten Jünger Christi. In Rossellinis dreiteiligem L'ETA DI COSIMO DE MEDICI wendet er sich der Renaissance und der weitverzweigten Florentiner Medici-Familie zu, die im 15. & 16. Jahrhundert zu einer der einflussreichsten Familien Italiens wurde. Die Retrospektive steht unter der Schirmherrschaft des Ministero dei Beni e delle Attività Culturali – Direzione Generale Cinema und wird veranstaltet in Zusammenarbeit mit dem Italienischen Kulturinstitut Berlin, der Botschaft der Republik Italien und der Cineteca Nazionale – Centro Sperimentale di Cinematografia. Mit Unterstützung von RAI Teche, Cinecittà Holding, Mediaset Cinema Forever, Museo Nazionale del Cinema di Torino, Ripley's Film, Vivo Film und Gruppo Editoriale Minerva/Rarovideo. Unser Dank gebührt Laura Argento, Stefania Falone, Tag Gallagher und Gianmaria Senia.
L'ULTIMA UTOPIA – LA TELEVISIONE SECONDO ROSSELLINI (F/I 2006) Rossellinis Schaffensphase beim Fernsehen. Dabei versucht Comolli zu zeigen, dass sich Rossellinis für das Fernsehen produzierte Filme weniger von seinen neorealistischen Anfängen unterscheiden als allgemein angenommen. (11.6.) VIVA L'ITALIA (1960) entstand anlässlich der Hundertjahrfeiern für den italienischen Freiheitskämpfer Garibaldi, der 1860 mit seinen tausend Freiwilligen Sizilien und Neapel eroberte und damit den Sturz der dortigen Bourbonenherrschaft bewirkte. Die Einfachheit der Narration ist überraschend: wie in einer Chronik werden die Ereignisse in ihrer zeitlichen Abfolge sachlich und geradezu unparteiisch rekonstruiert. Dabei zeigt Rossellini einmal mehr einen sehr menschlichen Helden, der über Rheuma klagt, jedoch von seiner Macht keinen Gebrauch macht. Rossellinis Garibaldi ist ein Verwandter von Franz von Assisi (FRANCESCO …) und de Gasperi (L'ANNO UNO). (10.6.) VANINA VANINI (1961) beruht auf der gleichnamigen Novelle Stendhals und ist eine exemplarische Liebesgeschichte zwischen einer Aristokratin und einem Freiheitskämpfer. Im Gegensatz zum deutschen Verleihtitel "Der furchtlose Rebell", der den Akzent auf die männliche Hauptrolle setzt, konzentriert sich der Film in erster Linie auf die junge Adlige Vanina Vanini und ihre Liebe für den Rebellen. Dieser Akzentuierung entsprechend hat Rossellini ein anderes Ende als das in der literarischen Vorlage gewählt: Aufgrund des gesellschaftlichen Widerstands gegen die unstandesgemäße Verbindung entschließt sich Vanina Vanini nicht für die Resignation und Rückkehr in ihren Stand, sondern für den Bruch mit ihrer Vergangenheit und den Eintritt ins Kloster. (12.6.) Der zweite Teil von Rossellinis Philosophen-Trilogie ist dem französischen Religionsphilosophen und Mathematiker BLAISE PASCAL (1971) gewidmet, dessen intellektuelle Spannbreite sich zwischen mathematischen und physikalischen Abhandlungen und religiösen Diskursen bewegte. "Was ich versuche zusammenzustellen, das ist die Bewegung der Menschen in der Geschichte. Ein großer Ozean von Leuten verharrt im Stillstand, und manchmal entsteht eine neue Idee und es wird ein kleines Stück einer neuen Bewegung daraus. Nach diesen Dingen suche ich." (Roberto Rossellini) (13.6.) Nach jahrelanger Arbeit für das französische und italienische Fernsehen versuchte Rossellini mit ANNO UNO (Das Jahr Eins, 1974) ein Comeback im Kino. Im Mittelpunkt des Films steht der christdemokratische Politiker Alcide de Gasperi und sein Wirken in der italienischen Nachkriegsgeschichte. Rossellini machte aus seiner Bewunderung für den Menschen und Politiker de Gasperi keinen Hehl, so dass zum Teil der Eindruck des Personenkults entsteht. Für Rossellini ist das "Jahr Eins" das Dezennium der Restauration einer bürgerlichen italienischen Republik um die Person von de Gasperi. Politische und gesellschaftliche Wiedersprüche dieser Zeit werden in ANNO UNO weitgehend ausgeblendet. (14.6.) Adriano Apràs Porträt ROSSELLINI VISTO DA ROSSELLINI (Rossellini, gesehen von Rossellini, 1993) montiert Interviews und Filmausschnitte von den Anfängen Rossellinis bis zu seinem Tod. Aprà beginnt bei den Filmen aus der Kriegszeit, Rossellinis Obsession mit dem Thema des Krieges, die sich in seinen neorealistischen Filmen fortsetzt. Die Beschreibung von Rossellinis Übergang vom Neorealismus zu einer intimeren Darstellung des Individuums, seiner Reise nach Indien, der Entdeckung eines neuen, didaktischen Kinos und seiner Hinwendung zum historischen Film und zum Fernsehen ist verbunden mit Rossellinis Reflexion über Humanismus, Religion, Geschichte, Kunst und das Unterbewusste. (15.6.) Rossellinis letzter abendfüllender Film IL MESSIA (1975) ist die evangelientreue Wiedergabe der Geschichte Jesu, wobei die Verkündung vom kommenden Reich Gottes in den Mittelpunkt gerückt wird. Jegliche Kitschmomente eines episch-biblischen Kostümfilms vermeidend, beschränkt sich Rossellinis nüchterne und strenge Inszenierung auf das Wesentliche, setzt dieses jedoch in einen größeren historischen Zusammenhang und bezieht immer wieder auch die Vorgeschichte des jüdischen Volkes mit ein. (16.6.) In einem Doppelprogramm zeigen wir Rossellinis letzte Fernsehfilme CONCERTO PER MICHELANGELO (1977) und BEAUBOURG, CENTRE GEORGES POMPIDOU (1977). CONCERTO PER MICHELANGELO ist eine Aufzeichnung eines Konzertes des Vatikanischen Orchesters und wurde in der Sixtinischen Kapelle gedreht. BEAUBOURG entstand kurz nach der Eröffnung des Centre Georges Pompidou, des futuristischen Museumsbaus mitten im Herzen des alten Paris. Rossellini beschreibt, wie sich Besucher in dem Gebilde realisierter Science-Fiction bewegen, und wie sich die Funktion der ausgestellten Kunst in diesem Bauwerk verändert: jede Etage ein Kapitel. (29.6.) Nach Rossellinis zehnteiliger "Fernsehserie" L'India vista da Rossellini drehte er noch zwei weitere "Fernseh-Mehrteiler": ACTS OF THE APOSTLES/ATTI DEGLI APOSTOLI (1968) (30.6.) und The Age of COSIMO DE MEDICI (Das Zeitalter Cosimo de Medicis, 1972) (9.6.). ACTS OF THE APOSTLES ist die bildmächtige und in der Beherrschung der filmischen Gestaltung meisterhafte Beschreibung des Lebens der ersten Jünger Christi. In Rossellinis dreiteiligem L'ETA DI COSIMO DE MEDICI wendet er sich der Renaissance und der weitverzweigten Florentiner Medici-Familie zu, die im 15. & 16. Jahrhundert zu einer der einflussreichsten Familien Italiens wurde. Die Retrospektive steht unter der Schirmherrschaft des Ministero dei Beni e delle Attività Culturali – Direzione Generale Cinema und wird veranstaltet in Zusammenarbeit mit dem Italienischen Kulturinstitut Berlin, der Botschaft der Republik Italien und der Cineteca Nazionale – Centro Sperimentale di Cinematografia. Mit Unterstützung von RAI Teche, Cinecittà Holding, Mediaset Cinema Forever, Museo Nazionale del Cinema di Torino, Ripley's Film, Vivo Film und Gruppo Editoriale Minerva/Rarovideo. Unser Dank gebührt Laura Argento, Stefania Falone, Tag Gallagher und Gianmaria Senia.