Der Eröffnungsfilm des Festivals, KABUL TRANSIT (USA 2006), dokumentiert den Alltag in der Stadt Kabul. Anhand von Porträts verschiedener Einwohner der Stadt entwerfen die drei Regisseure David Edwards, Gregory Whitmore und Maliha Zulfacar das Bild einer sich rasant entwickelnden Stadt. Ein Bankangestellter spricht über Banknoten, Wechselkurse und die Bombenangriffe auf Taliban-Stellungen ganz in der Nähe seines Hauses. Ein technischer Berater versucht den Minister vom Kauf moderner Wasserwerfer zu überzeugen. Afghanische Studentinnen kritisieren sowohl die Regierungspolitik Karzais als auch die Arbeit westlicher Hilfsorganisationen: "Die wirklichen Probleme afghanischer Frauen beginnen und enden in der Gesellschaft." (22.11., in Anwesenheit der afghanischen Botschafterin und Filmemacherin Maliha Zulfacar) Der mittellange Film 3,2,1? (Afghanistan 2005) von Alka Sadat kontrastiert Interviews misshandelter Frauen mit einem inneren Monolog. Die Interviewpassagen wurden in einem Krankenhaus aufgenommen, Alka Sadat war während der Dreharbeiten Regisseurin, Kamera- und Tonfrau in einer Person. Während der Recherchephase wurde sie unterstützt von Roya Sadat, die 2004 den Film SE NOQTA (Three Dots) gedreht hatte. THREE DOTS schildert die Schwierigkeiten einer jungen Frau, die sich ohne Ehemann mit drei Kindern im iranisch-afghanischen Grenzgebiet durchschlagen muss. Sie verstößt damit gegen die traditionellen Familienregeln, nach denen sie den Bruder ihres verschollenen Mannes heiraten muss. Roya Sadat analysiert traditionelle Familienstrukturen, Feudalismus und Zwangsheirat. (23.11., in Anwesenheit von Roya Sadat) Nazifa Zakizada beschreibt in EDAME RAH (The Path to Follow, Afghanistan 2006) eine Gruppe afghanischer junger Mädchen, die Taekwondo trainieren, was in ihrer Umgebung z.T. auf Unverständnis stößt. Doch die jungen Frauen wollen sich durchsetzen: "Die Jungen, die jetzt dagegen sind, dass wir trainieren, werden es spätestens kapieren, wenn sie selbst Väter sind und wollen, dass ihre eigenen Töchter glücklich werden." ENEMIES OF HAPPINESS (Dänemark 2006) von Eva Mulvad und Anja Al-Erhayem begleitet die 28-jährige Malalai Joya während ihrer Wahlkampagne in der südlichen Provinz Farah. Sie will Abgeordnete der Nationalversammlung werden. Umgeben von Sicherheitskräften und trotz mehrerer Morddrohungen klagt Malalai Joya in ihren Reden die Warlords an und zieht energisch gegen Korruption ins Feld. (23.11.) Was als Recherche über eine afghanische Schauspielerin begann, entwickelte sich unter der Regie von Amina Jafari und mit Unterstützung des Archivs des staatlichen Filminstituts Afghan Film in Kabul zu ZANAN VA SINEMA (Women and Cinema, Afghanistan 2004), einer bemerkenswerten Zeitreise durch die Geschichte des afghanischen Kinos. Im Anschluss an WOMEN AND CINEMA werden Ausschnitte des Work in Progress PASSING THE RAINBOW (D 2002–2007) von Elfe Brandenburger und Sandra Schäfer gezeigt. Die Protagonistinnen des Films sind eine Mädchentheatergruppe in Kabul, eine Lehrerin, die auch Schauspielerin ist, eine Polizistin, die nebenberuflich als Actionfilmregisseurin arbeitet, eine politische Aktivistin, die für die radikale Trennung von Staat und Religion eintritt und Malek_a, die, um arbeiten zu können, als Junge lebt. (24.11., in Anwesenheit der Regisseurinnen und Aiqela Rezaie) In der frühen afghanischen Produktion TALABGAR (Der Heiratskandidat, 1969) von Khaleq A'lil hält Nasser, ein Hochstapler und Gauner um die Hand der Studentin Sima an. Sima stammt aus einer Kabuler Mittelschichtsfamilie. Sie sieht ihr Glück weder im Reichtum noch in der Heirat, sondern im Studium. In POSTCARDS FROM TORA BORA (USA 2007) kehrt die Regisseurin Wazmah Osman nach 20 Jahren zum ersten Mal wieder nach Kabul zurück. Doch nichts ist mehr so, wie Wazmah es erinnert. Nach der Invasion der sowjetischen Armee 1979 war sie mit ihrer Mutter und ihren Schwestern in die USA geflohen. Super-8-Aufnahmen aus den 70ern zeigen wie ihre Mutter mit Freundinnen Zigarette rauchend durch die Stadt spaziert. Ihre eigenen Träume und Phantasien tauchen als Animationen auf. (24.11.) NARI ADALAT (Women's Courts, Indien 2000) heißt übersetzt "Frauengerichte" und ist der Name einer informellen Rechtspraxis, die Mitte der 90er Jahre von einer Gruppe von Frauen in der indischen Provinz Gujarat eingeführt wurde. Dieses alternative Rechtsverfahren setzt sich für die Interessen von Frauen ein und hat mittlerweile offizielle Anerkennung gefunden. Laxmi z. B. will ihren Mann verlassen, weil er oft betrunken ist und sie schlägt. Nachdem er zu den Gerichtsverhandlungen nicht erschienen ist, machen sich die Frauen des Gerichts auf den Weg zur Familie des Ehemannes, um ihn zur Rede zu stellen. (25.11., in Anwesenheit von Deepa Dhanraj) Am Abend des 7. März wurde das von Religionsführer Khomeini erlassene Dekret zum Kopftuchzwang veröffentlicht. Am Morgen des darauf folgenden Internationalen Frauentags fanden sich aus Empörung über das Dekret 5000 Frauen an der Teheraner Universität ein. LE MOUVEMENT DES FEMMES IRANIENNES – ANNÉE ZÉRO (Die Befreiungsbewegung der iranischen Frauen – Im Jahre Null; Iran/Frankreich 1979), ein Kurzfilm der französischen Gruppe Politique et Psychoanalyse, dokumentierte die Proteste und führte Interviews mit den Demonstrantinnen. Mira Habibi porträtiert in ihrem Dokumentarfilm SUCH A STRANGE TIME IT IS, MY DEAR … (D 2006) sechs Iranerinnen, die seit fast 30 Jahren in Berlin wohnen. In fragmentarischen Erzählsträngen berichten die Frauen über ihr Verhältnis zu politischer Arbeit, Revolution, Sexualität und Flucht. (25.11., in Anwesenheit der Protagonistinnen) Den Abschluss des Festivals bildet ein Kurzfilmprogramm mit dem humorvollen Kurzspielfilm RUSCHANY (Afghanistan 2004) des bekannten afghanischen Regisseurs Latif Ahmadi. Ausserdem wird das Porträt der Radiojournalistin Zakia Zaki aus dem Film IF I STAND UP (Ko-Regie Shakiba Adil) gezeigt. Die Journalistin wurde im Juni 2007 ermordet. Im Anschluss an IF I STAND UP sollen in einer Gesprächsrunde mit Shakiba Adil (Regisseurin), Latif Ahmadi (Regisseur) und Roya Sadat (Regisseurin) die Produktionsbedingungen insbesondere für Frauen im Bereich Film und Fernsehen erörtert werden. Noch mehr als ihre männlichen Kollegen sind die Frauen dem sozialen Druck traditioneller Familienstrukturen und fundamentalistischen Anfeindungen ausgesetzt. In der gegenwärtigen Wiederaufbauphase sind zudem Hilfsorganisationen ein bestimmender Faktor der afghanischen Filmproduktion geworden, die z.T. auch auf die inhaltliche Gestaltung Einfluss nehmen. (26.11.) SPLICE IN wurde kuratiert von Sandra Schäfer, Regine Dura, Elfe Brandenburger und gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes. Mit Unterstützung des Instituts für Auslandsbeziehungen e.V., der Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb) und dem Evangelischen Entwicklungsdienst (eed).