Viele bezeichneten ihr Konterfei als das Gesicht des 20. Jahrhunderts: Marlene Dietrich. Remarque beschrieb das Ergebnis von Sternbergs jahrelanger Stilisierungsarbeit als "a cool, bright face that didn't ask for anything, that simply existed, waiting; a face that could change with any wind of expression. One could dream anything into it." So auch die Rolle der Kaiserin Katharina, die Marlene Dietrich in THE SCARLET EMPRESS (Josef von Sternberg, USA 1934, 1. & 2.9.) umgeben von verschwenderischen Kostümen und schwerer Symbolik mit kühler, erotischer Verve meisterlich verkörpert. Ende der 50er Jahre war Marilyn Monroes Status als Superstar, Sexgöttin und begehrteste Frau der Welt längst zementiert und somit Subtext der Großaufnahme ihres Gesichts im Trailer zu SOME LIKE IT HOT (Billy Wilder, USA 1959, 3. & 4.9.), der sie in einem kreisrunden "O" zeigt, welches von den Buchstaben "H" und "T" eingerahmt wird. Gesicht und Wort formulieren hier jedoch nicht nur das Offensichtliche, sondern verweisen auf den Ausgangspunkt dieser rasanten wie rasendkomischen Komödie: zwei Männer in Frauenkleidung (glorios Jack Lemmon und Tony Curtis) in ständiger Vermeidung ihres Begehrens.
Der Legende nach hat die Bewunderung der Schönheit seiner Hauptdarstellerinnen D. W. Griffith auf die Idee gebracht, die Gesichter seiner weiblichen Stars in Großaufnahmen zu zeigen. In der Tat gehört Griffith zu den ersten Regisseuren, die mit Großaufnahmen von Gesichtern gearbeitet haben – in BROKEN BLOSSOMS (USA 1919, 4. & 7.9., am Klavier: Eunice Martins) setzt er dieses Stilmittel bereits mit einiger Vollendung ein. Derart ins Bild gesetzt wird Lillian Gish, das Griffith'sche Gesicht par excellence: eine klassische viktorianische Heldin mit "reiner Seele, von geradezu spiritueller Strahlkraft, nobel und würdig auch im tiefsten Kummer und Schmerz. In BROKEN BLOSSOMS spielt sie die Tochter eines tyrannischen Berufsboxers, der sie mit Gewalt der fürsorglichen Obhut eines chinesischen Kaufmanns entzieht – mit tödlichem Ende. "So stehen sie heute noch da, blicken ihr Spiegelbild an und sehen James Dean, die meuternde Frisur, die tiefsitzenden schwimmenden Augen des Ausgestoßenen, den bitteren Ausdruck des Geschlagenen im Gesicht, die Lippen höhnisch verzogen." (John Dos Passos) Wie kaum ein anderer Schauspieler seiner Generation wurde James Dean zum Symbol des Geists der Rebellion, sein von Weltschmerz und Verzweiflung geprägtes Gesicht zum Spiegel der Zukunftsangst und Orientierungslosigkeit amerikanischer Teenager der 50er Jahre. Differenziert und irritierend ambivalent spielt er in REBEL WITHOUT A CAUSE (… denn sie wissen nicht, was sie tun, Nicholas Ray, USA 1955, 6. & 11.9.) den jungen Außenseiter Jim Stark. "DRUGSTORE COWBOY (Gus Van Sant, USA 1989, 12. & 18.9.) ist die Vision eines Junkie-Gehirns." (Van Sant) Folgerichtig beginnt und endet der Film mit langen Großaufnahmen des leicht entrückten Gesichts der Hauptfigur (magnetisch Matt Dillon). Aus dem Off beginnt Bob, seine Geschichte und die seiner Gang zu erzählen, deren Alltag von regelmäßigen (sehr erheiternden) Apotheken-Überfällen aber auch riskanten Einbrüchen bestimmt ist. Ihr von der übrigen Welt völlig losgelöstes Leben navigiert fortwährend an der Klippe, bis ein Mitglied ihrer Viererbande an einer Überdosis stirbt. Beeindruckend der Gast-Auftritt (inklusive Close-up!) von Schriftsteller W. S. Burroughs als suspendierter Pfarrer und bekennender Junkie.
A BOUT DE SOUFFLE (Außer Atem, Jean-Luc Godard, Frankreich 1959, 23. & 26.9.) Ein Film der Zitate und Referenzen, der längst selbst zum Referenzobjekt geworden ist, ähnlich wie seine beiden Protagonisten: Jean Seberg und Jean-Paul Belmondo, die mit diesem Film zu den Gesichtern der Nouvelle Vague wurden. Diesseits der filmischen Grenzen komplettiert Godard die Großaufnahmen Sebergs und Belmondos mit Gemälden von Auguste Renoir und Aufnahmen von Humphrey Bogart als ironische Anmerkung.
YELLA (Christian Petzold, D 2007, 27. & 30.9.) Im Film wie im Gesicht seiner Hauptdarstellerin, Nina Hoss, treffen die Paradoxe aufeinander: Distanz und Nähe, Reduktion und Vielfältigkeit, Entrücktheit und Gegenwart, Abstraktion und Körperlichkeit, Coolness und Melancholie. Mit größter Präzision spielt Hoss die Rolle der jungen, schönen, schweigsamen Yella, die ihr tristes Leben und eine gescheiterte Ehe hinter sich lässt und einen radikalen Neuanfang in einer Private Equity-Firma versucht. Die Bezeichnung "stone-face" für den legendären Komiker Buster Keaton sagt alles über das Markenzeichen dieses singulären Schauspielers: mit so regungslosem Gesicht wie größtmöglichem Körpereinsatz trotzt er auch in OUR HOSPITALITY (USA 1923, 5., 12. & 19.9.) dem feindlichen Universum in Form von schießwütigen Verwandten in spe.
Der Legende nach hat die Bewunderung der Schönheit seiner Hauptdarstellerinnen D. W. Griffith auf die Idee gebracht, die Gesichter seiner weiblichen Stars in Großaufnahmen zu zeigen. In der Tat gehört Griffith zu den ersten Regisseuren, die mit Großaufnahmen von Gesichtern gearbeitet haben – in BROKEN BLOSSOMS (USA 1919, 4. & 7.9., am Klavier: Eunice Martins) setzt er dieses Stilmittel bereits mit einiger Vollendung ein. Derart ins Bild gesetzt wird Lillian Gish, das Griffith'sche Gesicht par excellence: eine klassische viktorianische Heldin mit "reiner Seele, von geradezu spiritueller Strahlkraft, nobel und würdig auch im tiefsten Kummer und Schmerz. In BROKEN BLOSSOMS spielt sie die Tochter eines tyrannischen Berufsboxers, der sie mit Gewalt der fürsorglichen Obhut eines chinesischen Kaufmanns entzieht – mit tödlichem Ende. "So stehen sie heute noch da, blicken ihr Spiegelbild an und sehen James Dean, die meuternde Frisur, die tiefsitzenden schwimmenden Augen des Ausgestoßenen, den bitteren Ausdruck des Geschlagenen im Gesicht, die Lippen höhnisch verzogen." (John Dos Passos) Wie kaum ein anderer Schauspieler seiner Generation wurde James Dean zum Symbol des Geists der Rebellion, sein von Weltschmerz und Verzweiflung geprägtes Gesicht zum Spiegel der Zukunftsangst und Orientierungslosigkeit amerikanischer Teenager der 50er Jahre. Differenziert und irritierend ambivalent spielt er in REBEL WITHOUT A CAUSE (… denn sie wissen nicht, was sie tun, Nicholas Ray, USA 1955, 6. & 11.9.) den jungen Außenseiter Jim Stark. "DRUGSTORE COWBOY (Gus Van Sant, USA 1989, 12. & 18.9.) ist die Vision eines Junkie-Gehirns." (Van Sant) Folgerichtig beginnt und endet der Film mit langen Großaufnahmen des leicht entrückten Gesichts der Hauptfigur (magnetisch Matt Dillon). Aus dem Off beginnt Bob, seine Geschichte und die seiner Gang zu erzählen, deren Alltag von regelmäßigen (sehr erheiternden) Apotheken-Überfällen aber auch riskanten Einbrüchen bestimmt ist. Ihr von der übrigen Welt völlig losgelöstes Leben navigiert fortwährend an der Klippe, bis ein Mitglied ihrer Viererbande an einer Überdosis stirbt. Beeindruckend der Gast-Auftritt (inklusive Close-up!) von Schriftsteller W. S. Burroughs als suspendierter Pfarrer und bekennender Junkie.
A BOUT DE SOUFFLE (Außer Atem, Jean-Luc Godard, Frankreich 1959, 23. & 26.9.) Ein Film der Zitate und Referenzen, der längst selbst zum Referenzobjekt geworden ist, ähnlich wie seine beiden Protagonisten: Jean Seberg und Jean-Paul Belmondo, die mit diesem Film zu den Gesichtern der Nouvelle Vague wurden. Diesseits der filmischen Grenzen komplettiert Godard die Großaufnahmen Sebergs und Belmondos mit Gemälden von Auguste Renoir und Aufnahmen von Humphrey Bogart als ironische Anmerkung.
YELLA (Christian Petzold, D 2007, 27. & 30.9.) Im Film wie im Gesicht seiner Hauptdarstellerin, Nina Hoss, treffen die Paradoxe aufeinander: Distanz und Nähe, Reduktion und Vielfältigkeit, Entrücktheit und Gegenwart, Abstraktion und Körperlichkeit, Coolness und Melancholie. Mit größter Präzision spielt Hoss die Rolle der jungen, schönen, schweigsamen Yella, die ihr tristes Leben und eine gescheiterte Ehe hinter sich lässt und einen radikalen Neuanfang in einer Private Equity-Firma versucht. Die Bezeichnung "stone-face" für den legendären Komiker Buster Keaton sagt alles über das Markenzeichen dieses singulären Schauspielers: mit so regungslosem Gesicht wie größtmöglichem Körpereinsatz trotzt er auch in OUR HOSPITALITY (USA 1923, 5., 12. & 19.9.) dem feindlichen Universum in Form von schießwütigen Verwandten in spe.