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Wir beginnen mit dem Programm KURZ UND IN FARBE (1. & 5.11.), das 13 Kurzfilme aus den Jahren 1905 bis 1913 umfasst. Bereits vor der Herstellung von Farbfilmmaterial ab Mitte der 1930er Jahre gab es die unterschiedlichsten Methoden, Farbe auf die Kinoleinwand zu bringen. Eine der frühesten und aufwendigsten Techniken war die Handkolorierung bzw. die Schablonenkolorierung, mit der sich vor allem die französischen Pathé-Studios einen Namen machten. Beim Virage-Verfahren wurden nicht einzelne Bildteile koloriert. Durch Eintauchen des Films in ein Farbbad wurde das gesamte Filmbild monochrom eingefärbt. Szenen, die bei Tag spielen, waren häufig gelb viragiert, Nachtszenen blau. Eine weitere Methode war das sogenannte Toning, bei dem durch einen chemischen Prozess die schwarzen Silberpartikel durch Farbpartikel ersetzt wurden. Das Kurzfilmprogramm mit Produktionen aus Frankreich, Deutschland, England und Italien versammelt Beispiele der genannten Färbe-Techniken.
BLUE (Derek Jarman, GB 1993, 4. & 6.11.) 79 Minuten Blue Screen: Die monochrome Leinwand zieht den Blick des Zuschauers in das Nichts der Farbe Blau. Nachhaltig zeigt Jarman in seiner Auseinandersetzung mit dem Tod, dass sich die Existenz der Krankheit nicht im Bild beweisen muss. Zu hören sind Meeresrauschen, Stimmen, darunter vorwiegend die Jarmans, Geschichten, Gedichte und Dialoge aus seinem Leben nach seiner AIDS-Infektion. Ein Vermächtnis, die letzten Worte eines großen Bildererzählers, der seine Sehkraft verloren hat. Als Vorfilm ist Arthur und Corinne Cantrills NOTES ON THE PASSAGE OF TIME (Australien 1979) zu sehen.
VISKNINGAR OCH ROP (Schreie und Flüstern, Ingmar Bergman, S 1972, 7. & 10.11.) Karin (Ingrid Thulin) und Maria (Liv Ullmann) kehren um die vorletzte Jahrhundertwende ins elterliche Gutshaus zurück, um Abschied von ihrer unheilbar an Krebs erkrankten Schwester Agnes (Harriet Andersson) zu nehmen. Durch Agnes' Todeskampf werden beide mit ihrem ungelebten Leben konfrontiert. "Alle meine Filme kann man sich in Schwarzweiß vorstellen, ausgenommen VISKNINGAR OCH ROP", schrieb Ingmar Bergman 1990. Der auf Traumbildern basierende Film wird von der Farbe Rot dominiert, weil er sehr stark "das Innere betrifft und ich mir schon seit der Kindheit die Innenseite der Seele als feuchte Haut in roten Nuancen vorgestellt habe".
LES HERBES FOLLES (Vorsicht Sehnsucht, F / I 2009, 11., 14. & 17.11.) Alain Resnais' neuestes Werk ist mit seiner "spielerischen Form von Antirealismus" (Lukas Foerster) ein herausragendes Beispiel zeitgenössischer Filmfarbenkunst. Ein Mann (André Dussolier) findet das Portemonnaie einer fremden Frau (Sabine Azéma), ergeht sich in Spekulationen über die Besitzerin und stellt ihr so aufdringlich nach, dass diese die Polizei einschaltet. Die multiperspektivische Tragikomödie zeigt immer irritierendere Züge der Protagonisten, ohne dass der Film darüber seinen boulevardesk-verspielten Ton verliert. Als Vorfilm zeigen wir STIEF von Christine Noll Brinckmann (BRD 1988), "ein weitgehend abstrakter Film über die Energie der Farbe, dargestellt am Beispiel von Gartenblumen, die mit diversen Objekten zu Tableaus arrangiert sind." (Christine N. Brinckmann)
TOUKI BOUKI (Djibril Diop Mambéty, Senegal 1973, 12., 15. & 24.11.) Ein junges senegalesisches Paar träumt von einer Zukunft in Paris. Nach der Überwindung zahlreicher Widerstände muss es jedoch einsehen, dass ein Leben in Frankreich wohl nur mit einer vagen Hoffnung verbunden ist, die sich kaum erfüllen wird. Djibril Diop Mambétys experimentelles Langfilmdebüt in den leuchtenden (afrikanischen) Farben der 70er Jahre ist Roadmovie, Episodenfilm, Initiationsgeschichte und Satire zugleich. Die Grenzen zwischen Realität und Imagination verlaufen fließend, Dokumentarisches und Fantastisches vermischen sich. Ein Meilenstein in der Geschichte des afrikanischen Kinos. Als kurzer Vorfilm ist ÉTÉ (SUMMER / HAS BEEN) (Karø Goldt, D / A 2006) zu sehen, in dem vertikale Farbstreifen in vielgestaltigen Grüntonen, unterbrochen von unterschiedlichsten Pastelltönen, das intensive Gefühl einer Sommerlandschaft evozieren.
THE TALES OF HOFFMANN (GB 1951, 18. & 20.11.) Die berühmte Filmfantasie nach Jacques Offen-bachs Oper (die auf E.T.A. Hoffmanns Erzählungen basiert), war Michael Powell und Emeric Pressburgers Versuch, nach dem internationalen Erfolg ihres Films The Red Shoes (1948) die Idee der idealen Umsetzung von Ballett in Film auf die Oper zu übertragen. THE TALES OF HOFFMANN ist der Höhepunkt von Powell / Pressburgers Opulenz, stimmungsvoll in Technicolor fotografiert und mit einer verschiedenfarbig im Split-Screen vervielfachten Hauptdarstellerin Moira Shearer.
IMITATION OF LIFE (Solange es Menschen gibt, Douglas Sirk, USA 1959, 19. & 21.11.) Eine weiße und eine schwarze Mutter haben ihren Anteil am Unglück ihrer Töchter, die sich ihnen entfremden. Douglas Sirks Abschied von Hollywood stellt mit den Mitteln des Melodrams das Fassadenhafte des amerikanischen Bürgertums aus. Dazu gehört die Künstlichkeit des Interieurs ebenso wie die Licht- und Farbdramaturgie. Farbe spielt schließlich auch im übertragenen Sinn die zentrale Rolle des Films. Sarah Jane, die als Weiße gelten möchte, schämt sich ihrer farbigen Mutter und verleugnet sie.
DERNIER MAQUIS (F / Algerien 2008, 25. & 26.11.) Nach Wesh, wesh, qu'est-ce qui se passe? (2001) und Bled Number One (2006) führt Rabah Ameur-Zaïmeche seine "forschende Poetik" über Emigration und Immigration, über kulturelle und religiöse Identität weiter. In einem maroden Industriegebiet leitet der Moslem Mao eine Firma, die Paletten aufarbeitet. Als er eines Tages eine betriebseigene Moschee eröffnet, und ein Imam aus dem Mitarbeiterkreis bestimmt wird, tauchen Spannungen auf. "Ameur-Zaïmeche arbeitet ganz ohne dramatische Elemente, stellt die kleinen Begebenheiten und Ereignisse in den Mittelpunkt, eröffnet unspektakuläre, ganz dem filmischen Konzept entwachsende Einblicke in einen Mikrokosmos. Wie Gemälde evozieren die Bilder Mehrfachbedeutungen, entfaltet sich ein Tiefsinn in den tableauartigen Einstellungen. Beherrscht von der roten Farbe und lichtdurchlässigen Struktur der Paletten, stellt der Blick der Kamera eine Beziehung her zwischen den Arbeitern und Mao." (Verena Teissl)
PEAU D'ÂNE (Eselshaut, F 1970, 27.–29.11.) Jacques Demys eigenwillige Interpretation des Märchens von Charles Perrault, in dem der Herrscher über das blaue Königreich (Jean Marais) um die Hand seiner Tochter (Catherine Deneuve) anhält. Um dem Wunsch ihres Vaters nicht entsprechen zu müssen, stellt die Tochter, beraten von der Flieder-Fee (Delphine Seyrig), scheinbar unerfüllbare Bedingungen: Kleider in den Farben der Sonne, des Mondes und der Zeit sowie die Haut des Königs Goldesel. Als der König sogar den letzten Wunsch erfüllt, flieht sie, gehüllt in die Eselshaut, in das benachbarte rote Königreich. Wir zeigen die restaurierte Fassung von 2003, die Dank einer aufwendigen Farbrekonstruktion durch Agnès Varda wieder in den atemberaubendsten Farben erstrahlt.

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