KAZOKU GEMU (Family Game, Morita Yoshimitsu, 1983, 5. & 14.11.) Morita drehte – wie einige seiner Zeitgenossen – viele Jahre Super-8-Filme sowie einige Pornos, bevor er sich mit FAMILY GAME auch international etablierte. Produziert von der unabhängigen Art Theatre Guild (ATG) ist FAMILY GAME eine bissige Satire auf die japanische Obsession des schulischen Fortkommens des Nachwuchses. Mit drakonischen Methoden wird der jüngste Sohn von einem Privatlehrer zum Klassenbesten gedrillt.
MAHJONG HOROKI (Mahjong Vagrant Life, Wada Makoto, 1984, 6. & 16.11.) Die in Schwarzweiß gedrehte Zockergeschichte um einen jungen Mahjong-Spieler, der erst alles verlieren muss, um ein erfolgreicher Spieler zu werden, erlangte schnell Kultstatus in Japan. Konsequent und überzeugend beschwört Regisseur Wada das Setting der 60er Jahre und nimmt Anleihen beim klassischen japanischen Yakuza-Genre.
TENKOSEI (I Are You, You Are Me / Exchange Students, Obayashi Nobuhiko, 1982, 6. & 16.11.) Noch in den 50er und 60er Jahren eine zentrale Figur der japanischen Super-8- und Experimentalfilmszene wandte sich Regisseur Obayashi seit den späten 70er Jahren dem Spielfilm zu. Neben zahlreichen Unterhaltungsfilmen entstanden auch Projekte für die ATG, in denen er zu seinen experimentellen Ursprüngen zurückkehrt. EXCHANGE STUDENTS erweiterte das Anfang der 80er Jahre populäre High-School-Film-Genre um übernatürliche Elemente: Als Kazumi und Kazuo bei einem Schulausflug gemeinsam eine Treppe hinabstürzen, wechseln ihre Seelen in den jeweils anderen Körper über. Diese übernatürliche Intervention macht das Leben der pubertierenden Teenager keineswegs einfacher.
DORO NO KAWA (Muddy River, Oguri Kohei, 1981, 7. & 12.11.) Oguris eindrucksvolles Debüt gehört zu den ersten Filmen des neuen, unabhängigen japanischen Kinos der 80er Jahre. Mit der exakten Schilderung einer ärmlichen Gegend in Osaka und seiner Bewohner knüpft Oguri an die Tradition des japanischen shomingeki-Genres an, unspektakulären Beschreibungen des Lebens und Alltags einfacher Menschen. Produziert mit privaten Mitteln und basierend auf einer literarischen Vorlage, schildert der Film in ruhigen Schwarzweißbildern die Erfahrungen eines Jungen, der sich mit dem Sohn einer Prostituierten anfreundet.
NIPPON-KOKU FURUYASHIKI-MURA (Japan – Das Dörfchen Furuyashiki, Ogawa Shinsuke, 1982/83, 8.11.) Ogawas großer Einfluss auf den Dokumentarfilm kann weder allein auf Japan noch auf die 80er Jahre beschränkt werden. Seit den späten 60er Jahren setzte Ogawa mit seiner dokumentarischen Arbeit Zeichen, die Generationen von Filmemachern international prägte. Die bereits 1966 gegründete Ogawa Productions gehörte zu den ersten unabhängigen Produktions- und Distributionsfirmen Japans, deren Filme über Jahrzehnte hinweg einen wichtigen Gegenentwurf zur japanischen Film- und Medienindustrie lieferten. In den 80er Jahren beschäftigte sich Ogawa vornehmlich mit den verschwindenden Lebensformen des ländlichen Japans. Die Langzeitstudie NIPPON-KOKU dokumentiert das Leben eines Dorfes im Zao-Gebirge, die Reisernte, deren schlechte Erträge, aber auch die Gedanken und Erinnerungen der Dorfbewohner.
RIKYU (Rikyu, the Tea Master, Teshigahara Hiroshi, 1989, 9. & 22.11.) Nach einer Reihe bemerkenswer-ter Dokumentar- und Spielfilme widmete sich Teshigahara in den 70er Jahren der Ikebana-Lehre, um sich erst Ende der 80er / Anfang der 90er Jahre mit zwei souverän inszenierten Spielfilmen wieder zurückzumelden. RIKYU (Musik: Toru Takemitsu) weist weit über das historische Setting der Handlung hinaus: Ein Emporkömmling versucht mit Hilfe der Teezeremonie seine Machtposition beim Kaiser zu sichern, doch der Teemeister verwahrt sich gegen die Instrumentalisierung des ur-japanischen Rituals – eine Parabel über das Spannungsverhältnis zwischen Macht und Kunst.
SONEZAKI SHINJU (Doppelselbstmord in Sonezaki, Kurisaki Midori, 1981, 10. & 20.11.) Die filmische Adaptation eines klassischen bunraku-Puppentheater-Stücks aus dem 17. Jahrhundert um den Doppelselbst-mord eines jungen Mannes und seiner Geliebten ist ein Meisterwerk von außergewöhnlicher Schönheit. Die schwarzgekleideten Puppenspieler mit ihren Figuren agieren in realer Umgebung auf den Straßen Kyotos. Mit kleinen Bewegungen gelingt es ihnen, die imaginäre Gefühlswelt der Puppen nachvollziehbar werden zu lassen. Beeindruckend auch die Arbeit des berühmten Kameramanns Miyagawa Kazuo (u.a. bei Kurosawa und Mizoguchi) sowie die Tonspur, auf der Gesang, Dialog und Kommentar zu einer poetischen Einheit verschmelzen.
GYOEI NO MURE (The Catch, Somai Shinji, 1983, 11. & 23.11.) In seinem vierten Film entwirft der ehemalige Terayama-Assistent und wichtige Akteur des unabhängigen japanischen Films eine ungewöhnliche Dreiecks-Geschichte im Fischer-Milieu. Das ruhige Leben eines alten Fischers und seiner pflichtbewussten Tochter wird durch ihren Freund nachhaltig gestört. Seine Liebe zu ihr weicht seiner Besessenheit vom Thunfischfang. Frau oder Fischfang, das ist eine der zentralen Fragen des Films, der in einem tragisch-poetischen Finale endet.
SARABA HAKOBUNE (Lebewohl, Arche, Terayama Shuji, 1982/84, 12.11.) Das filmische Testament des Regisseurs und Schriftstellers – der neben Oshima vielleicht wichtigsten Persönlichkeit des modernen japanischen Films – ist ein fantastisch-poetischer Bilderwirbel, der um die verbotene Liebe zwischen Cousin und Cousine in einem kleinen Dorf kreist und auf dem Roman Hundert Jahre Einsamkeit von Gabriel García Márquez basiert. "Ein Film des Abschieds von dieser Kultur und des Aufbruchs in eine neue Zeit." (Peter W. Jansen)
KAMATA KOSHINKYOKU (Fall Guy, Fukasaku Kinji, 1982, 13. & 17.11.) Fukasakus scharfe Abrechnung mit den Strukturen des japanischen Studio-Systems, in welchem arrogante Stars auf ihren ergebenen Groupies herumtrampeln, erinnert in seiner Schonungslosigkeit an die stilbildenden Yakuza-Filme des Erfolgsregisseurs. Das Gangstermilieu und die kleinen Yakuzas dort sind die Filmwelt und kleinen Chargen hier. Die beiden Genres verbindet Fukasakus atemloser Stil, eine Tour de Force für Schauspieler und Zuschauer gleichermaßen.
GYAKUFUNSHA-KAZOKU (Die Familie mit umgekehrtem Düsenantrieb, Ishii Sogo, 1984, 13. & 19.11.) Ishiis Wunsch war es, einen Slapstick- wie einen Dokumentarfilm zu drehen, weshalb er Tamura Masashi verpflichtete, der bereits in Ogawas DAS DÖRFCHEN FURUYASHIKI für die Kamera verantwortlich gezeichnet hatte. Schnörkellos und mit wildem Humor zeigt der Film wie der Traum vom heilen Familienleben im idyllischen Vorortshäuschen furios zerplatzt. Die Entladung angestauter Aggression führt die Familie in einen Ausnahmezustand, in dem sich Zerstörungswut und Gewalttätigkeit ungehindert entfalten können.
YUKI YUKITE SHINGUN (Vorwärts, Armee Gottes!, Hara Kazuo, 1987, 15.11.) Haras einziger Film aus den 80er Jahren beschreibt den Kampf des Kriegsveteranen Kenzo Okuzaki gegen das Vergessen und gegen Kaiser und Obrigkeit, die er auffordert, Verantwortung für die Gräueltaten während des Pazifik-Kriegs zu übernehmen. In Gesprächssituationen mit Soldaten und Vorgesetzten entsprechen sich Kenzos zunehmend aggressives Fragen und Haras beharrlich insistierende Kameraführung.
Mit freundlicher Unterstützung des Kawakita Memorial Film Institute. Besonderer Dank an Sakano Yuka.