Eine erstaunliche Vielzahl von Filmen im Programm des 41. Forums der Berlinale kreist um die Themen Familie, Beziehungen und Identität. Die Beschäftigung mit der menschlichen Psyche ist das Sujet Nummer eins für unabhängige Filmemacher aus der ganzen Welt. Dennoch sind die meisten ihrer Beiträge durchaus politisch zu lesen, im Kontext gesellschaftlichen Wandels und politischer Umbrüche.
So stellt der Künstler Kelvin K. Park in seinem Dokumentarfilm CHEONGGYECHEON MEDLEY den drohenden Abriss eines traditionellen Viertels der Stadt Seoul, in dem zahlreiche metallverarbeitende Betriebe angesiedelt sind, in die komplexen Zusammenhänge koreanischer Geschichte und Gesellschaftsstrukturen. In dem niederländischen Film DE ENGEL VAN DOEL geht es gleich um die Zerstörung eines ganzen Ortes durch die Hafenerweiterung der belgischen Stadt Antwerpen und deren verheerende Folgen für die vorwiegend älteren Bewohner.
Auch die drei tschechischen und slowakischen Beiträge des diesjährigen Programms verknüpfen Privates und Gesellschaftliches. In dem Dokumentarfilm NESVATBOV (Matchmaking Mayor) von Erika Hníková bleibt der Kraftakt eines energischen Dorfbürgermeisters, dem Bevölkerungsschwund durch ein großangelegtes Verkupplungsprogramm zu begegnen, vergebliche Liebesmüh. Die Debütfilme OSMDESAT DOPISU (Eighty Letters) von Václav Kadrnka und DOM von Zuzana Liová erzählen von zerrissenen Familien, der eine vor dem Hintergrund der späten sozialistischen Ära, der andere vor dem der wirtschaftlich-psychischen Depression der Jetztzeit.