A PROPOS DE NICE (Jean Vigo, F 1930, 1., 2. & 11.7.) Satirisch-absurdes Porträt des französischen Badeortes und seiner großbürgerlichen Gesellschaft. Fast 70 Jahre später erweisen sieben Regisseure und ein Schriftsteller Vigo ihre Reverenz und schildern in einzelnen Episoden, die unter dem Titel A PROPOS DE NICE – LA SUITE (Raymond Depardon, Pavel Lungin, Costa-Gavras, Catherine Breillat, Claire Denis, Abbas Kiarostami, Parviz Kimiavi, Le Clézio, F 1998, 1., 2. & 11.7.) zusammengefasst sind, ihre Eindrücke von Nizza und Vigos Meisterwerk. BERLIN – SINFONIE EINER GROSSSTADT (Thomas Schadt, D 2002, 3. & 7.7.) Im zweiten Jahrzehnt nach dem Fall der Mauer dreht Schadt eine Neuinterpretation von Ruttmanns Original. Dramaturgisch orientiert sich die neue schwarzweiße Klang- und Bildsinfonie an ihrem Vorläufer: dem Tagesablauf folgend (wenn auch kondensiert aus unterschiedlichen Jahreszeiten) erkundet die Kamera die unterschiedlichsten Orte der Hauptstadt, zeigt Spiegelungen und Reflexe, Stimmungen und Augenblicke. BERLIN. DIE SINFONIE DER GROSSSTADT (Walter Ruttmann, D 1927, 6. & 9.7., am Klavier: Eunice Martins) In rasantem Tempo fächert Ruttmann Bilder der Stadt, des städtischen Lebens und der Menschen auf: Häuserschluchten, Züge, Straßen, Arbeiter- und Angestelltenmassen, Maschinen, Leuchtreklamen, Abendvergnügungen – Bilder, die nach Bewegungs- und Kontrastprinzipien montiert, zu einem visuellen Rhythmus verschmelzen. Vorfilm: MANHATTA (Paul Strand, Charles Sheeler, USA 1921 | 6. & 9.7., am Klavier: Eunice Martins) Die erste Stadtsinfonie der Filmgeschichte. TSCHELOWJEK S KINOAPPARATOM (Der Mann mit der Kamera, Dsiga Wertow, UdSSR 1929, 5. & 8.7., am Klavier: E. Martins) Bilder von Moskau, Odessa und Kiew fügt Wertow zum Bild der jungen sowjetischen Stadt zusammen, Menschen und Maschinen werden zum Zeichen der neuen Produktivität. DER MANN MIT DER KAMERA ist eine programmatische Stadtsinfonie und in seiner präzisen Schilderung der Filmherstellung (inkl. Kamera, Schneidetisch und Projektor) ein Manifest des Dokumentarfilms. Stadtsinfonien-Kurzfilmprogramm (10. & 14.7., am Klavier: Eunice Martins): MANHATTA (Strand/
Sheeler, USA 1921) Die erste Stadtsinfonie der Filmgeschichte. RIEN QUE LES HEURES (Alberto Cavalcanti, F 1926) Dokumentar- und Spielfilmszenen miteinander verbindend entwickelt Calvalcanti einen impressionistischen Blick auf Paris von morgens bis mitternachts. REGEN (Joris Ivens, NL 1929) Poetische Meditation über die Verwandlung einer Stadt im Regen. PARIS QUI DORT (René Clair, F 1923) Surrealistischer Spielfilm mit Anleihen an die Stadtsinfonie: Der Nachtwächter des Eiffelturms streift einen Tag durch das in Tiefschlaf versetzte Paris. DO THE RIGHT THING (Spike Lee, USA 1988, 12. & 13.7.) Ein heißer Sommertag in New Yorks Brooklyn kündigt sich zu Beginn des Films an, 15 Stunden und etliche hitzige Wortgefechte später echot die erste Dialogzeile "Always do the right thing!" im finalen Brandanschlag. Dazwischen liegt ein furioses Statement zum Stand des inneramerikanischen Rassismus Ende der 80er Jahre – eine City Symphony der etwas anderen Art. Vorfilm: UNDER THE BROOKLYN BRIDGE (Rudy Burckhardt, USA 1953, 12. & 13.7.) AMSTERDAM GLOBAL VILLAGE (Johan van der Keuken, NL 1996, 16., 22. & 29.7.) Auf eine labyrinthisch-musikalische Reise durch die Kanäle und Straßen Amsterdams (and beyond) folgt Keuken dem Stadtkurier Khalid. Auf seinen Touren treffen sie Alteingesessene, Zugereiste, persönliche Geschichten und globale Themen – unmerklich entsteht das liebevolle Porträt eines Weltdorfes, eine Zustandsbeschreibung einer Stadt im ausgehenden 20. Jahrhundert. LOS ANGELES PLAYS ITSELF (Thom Andersen, USA 2003, 21. & 30.7.) Rekonstruktion der Geschichte und Geografie Los Angeles' anhand von Hunderten von Filmausschnitten, die in L. A. gedreht wurden. Der Film ist "in Wirklichkeit eine Stadtsinfonie mit vielen Stilrichtungen und Tempi. Geleitet von seiner aufmerksamen, nachdenklich stimmenden Erzählung, trägt Andersen eine kritische Geschichte und Gegengeschichte von Los Angeles zusammen." (Sean Farnel) MY WINNIGPEG (Guy Maddin, Kanada 2007, 24., 25. & 27.7.) Wie alle Filme Maddins entzieht sich auch dieses surreale, essayistisch-persönliche Porträt seiner Geburtsstadt einer Genrezugehörigkeit. Anklänge an die Stadtsinfonie finden sich dennoch, wie z.B. die dynamische Montage, das Durchstreifen der Stadt und das Beschwören ihres Mythos. Die Stadt Winnipeg wird gleichzeitig zu einem ge-/erträumten Ort und zum Schauplatz unser aller Kindheit. MOSKWA (Moskau, Ilja Kopalin, Michail Kaufman, UdSSR 1927, 28. & 31.7., am Klavier: E. Martins) Anlässlich des zehnten Jahrestags der Oktoberrevolution beauftragt, zeichnen die Regisseure Kopalin und Wertow-Bruder Kaufman die Veränderungen Moskaus zehn Jahre nach der Revolution in ihrer Widersprüchlichkeit nach. Hinter der äußerlich kaum veränderten Fassade der Stadt mit ihren zaristischen Villen und Palästen entsteht eine neue, sowjetische Wirklichkeit.