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DIE 1000 AUGEN DES DR. MABUSE (Fritz Lang, BRD 1960, 2.4., zu Gast: Michael Wedel, siehe www.arsenal-berlin.de/de/arsenal/programmtext-anzeige/article/2222/304.html - external-link-new-window "Opens external link in new window”">hier & 5.4.) Eine umfangreiche Untersuchung der Filmgeschichte von ihren Grenzphänomenen und Übergangserscheinungen her bietet Michael Wedel in seinem Buch Filmgeschichte als Krisengeschichte – Schnitte und Spuren durch den deutschen Film. Ein Kapitel ist Langs DIE 1000 AUGEN DES DR. MABUSE, den im Film enthaltenen Spuren der deutschen Geschichte und den Analogien zu Godards Le Mépris gewidmet. Lang greift in seiner letzten Regiearbeit ein weiteres Mal die Figur des Dr. Mabuse auf, dessen Nachfolger nach nichts weniger als der Weltherrschaft strebt.
BADLANDS (Terrence Malick, USA 1973, 6. & 9.4.) Hollywood in der Krise: Mitte der 60er Jahre stoßen die großen Studio-Produktionen beim jungen Publikum, dessen Realität von Protestbewegungen und Studentenrevolten, aber auch von Pop- und Jugendkultur geprägt ist, auf Unverständnis und Desinteresse. Ende der 60er Jahre gelingt es den Regisseuren des New Hollywood – beeinflusst vom zeitgenössischen europä-ischen Kino – das US-amerikanische Kino zu erneuern. "Maverick" Malick zeigt in BADLANDS ein Liebespaar (Sissy Spacek und Martin Sheen), das sich auf der Flucht vor der Polizei in der trostlosen Weite der amerikanischen Landschaft verliert.
GERMANIA ANNO ZERO (Deutschland im Jahre Null, Roberto Rossellini, Italien/D 1948, 7. & 8.4.) Der italienische Neorealismus gilt als eine der einschneidendsten Erneuerungsbewegungen der Filmgeschichte, ein weltzugewandtes, ungeschminktes Kino als Gegenentwurf zu Propaganda und Unterhaltung und nicht zuletzt als Ausdruck der politischen Stunde Null. Keine Stunde Null sah Rossellini indes in Deutschland: Er zeigt das zerstörte, korrumpierte Berlin und die Befindlichkeit der Deutschen nach Kriegsende. Auch wenn der Krieg beendet ist, wirkt das barbarische Nazi-Gedankengut weiter: z.B. im blassen, blonden Edmund und seinem früheren Lehrer, der ihn anstiftet, seinen kranken Vater zu vergiften. Nach seiner Tat irrt Edmund verzweifelt durch eine apokalyptische Trümmerlandschaft und stürzt in den Tod.
LA HORA DE LOS HORNOS (Die Stunde der Hochöfen, Fernando Solanas, Argentinien 1968, 10.4.) Ein Dokument der Krise, der Erschütterung eines Kontinents wird zur Keimzelle eines neuen politischen Kinos. Solanas viereinhalbstündiger Weckruf an seine argentinischen Landsleute ist ein Aufruf zum radikalen Politikwechsel, ein agitatorisches Pamphlet, das revolutionäres Bewusstsein und Handeln einfordert. Die in Argentinien lange verbotene dokumentarische Collage entwirft ein komplexes Panorama der dort in den 60er Jahren herrschenden sozialen und politischen Missstände. Solanas' vielschichtiges Bild-Ton-Geflecht greift auf sowjetische Montage-Theorien von Eisenstein und Wertow zurück und wird in Europa zum wichtigen Bezugspunkt einer neuen politischen Filmbewegung.
HUNG SIK LEUNG DJE CHING (Das Rote Frauenbatallion, Regie-Kollektiv, China 1970, 11. & 13.4.) Einer von sechs Filmen, die während der chinesischen Kulturrevolution entstanden: gleichzeitig Beispiel kommunistischen Kitsches und beunruhigendes Zeugnis einer der radikalsten staatlich verordneten gesellschaftlichen Umwälzungen des 20. Jahrhunderts. Das Revolutionsmusical spielt im Jahre 1930 auf der Insel Hainan, wo die revolutionären Truppen ein aus Frauen bestehendes Bataillon ausbilden. Eine junge Dienstmagd schließt sich dem Bataillon an und überwindet ihre kleinbürgerliche Herkunft.
DIE SELTSAMEN ABENTEUER DES MR. WEST IM LAND DER BOLSCHEWIKI (Lew Kuleschow, UdSSR 1924, 12. & 14.4., am Klavier: Eunice Martins) In dieser frühen Variante des "Red Western"-Genres reist der naive Amerikaner Mr. West (Boris Barnet) in die junge Sowjetunion, um dort Geschäfte zu machen. Auf unbekanntem Territorium warten böse Überraschungen und vermeintlich wilde Kerle auf ihn, die sich als Bolschewiken ausgeben. Mit den klassenkämpferischen und revolutionspathetischen Filmen der 1920er Jahre hatte Kuleschows überdrehte Satire wenig gemeinsam und wurde in der UdSSR deshalb umgehend als "formalistisch" gebrandmarkt. In den Chor der Anfeindungen mischten sich dennoch bereits damals Stimmen, die Kuleschows meisterliche Umsetzung seiner einflussreichen Montagetheorie würdigten.
WENN DU GROSS BIST, LIEBER ADAM (Egon Günther, DDR 1965/90, 15. & 16.4.) Einer der acht sogenannten "Verbotsfilme", die kurz nach Fertigstellung vom 11. Plenum des Zentralkomitees der SED u.a. aufgrund ihrer "dem Sozialismus fremden, schädlichen Tendenzen und Auffassungen"(Erich Honecker) verboten wurden. Das Verbot großer Teile der Spielfilmproduktion des DEFA-Jahrgangs 1964/65 bedeutete jenseits des künstlerischen Aderlasses den Wiederbeginn einer rigiden und repressiven Kulturpolitik der SED und einen Einschnitt in der Entwicklung der DDR. Einzelne Szenen aus Günthers spielerisch-aufsässiger Komödie um die Taschenlampe eines kleinen Jungen, die angestrahlte Lügner in der Luft schweben lässt, wurden nach dem Verbot vernichtet und erst im Zuge der Wiederaufführung 1990 als Schrift-Inserts wieder in den Film aufgenommen.
CHRONIQUE D'UN ÉTÉ (Chronik eines Sommers, Jean Rouch, Edgar Morin, Frankreich 1960, 19. & 20.4.) Mit der Frage nach dem Glück schaffen Rouch und Morin 1960 eine neue dokumentarische Form: Das "cinéma vérité" nimmt mit dieser schwerelosen und zugleich tiefgründigen Untersuchung der Befindlichkeit Pariser Passanten kurz vor Ausbruch des Algerienkriegs seinen Anfang und wirkt bis in das dokumentarische Schaffen unserer Zeit fort. 40 Jahre später entsteht in China einem ähnlichen Prinzip folgend BEIJING DE FENG HEN DA (There Is a Strong Wind in Beijing, Ju An Qi, China 2000, 19. & 20.4.). Diesmal steht die Frage nach dem "Wind" in Beijing im Mittelpunkt, dessen Freiheitsbedeutung in China eine lange Geschichte hat.
BADOU BOY (Djibril Diop Mambety, Senegal 1970, 17. & 22.4.) In Mambetys zweitem Film kommt seine singuläre ästhetische Handschrift erstmals zum Tragen. Der genialische Einzelgänger des afrikanischen Kinos war der erste Regisseur, der nicht in Europa gelebt oder studiert hatte und dessen Filme die westliche Erwartungshaltung "afrikanischen" Filmen gegenüber gründlich konterkarierte. Sein ausgelassener Einstünder folgt dem jungen Badou Boy, der das Portemonnaie seiner Großmutter stiehlt, woraufhin diese einen Polizisten auf ihn ansetzt; es entwickelt sich eine atemberaubende Verfolgungsjagd durch Dakar. Im Anschluss zeigen wir LE FRRANC (Der Franc/Der Aufrechte, Djibril Diop Mambety, Senegal/CH/F 1994, 17. & 22.4.), mit dem Mambety an seine filmischen Anfänge anknüpft.
PRZYPADEK (Blind Chance, Krzysztof Kieslowski, Polen 1981, 21. & 23.4.) Kieslowskis scharfsichtige filmische Reflexion der politischen Situation Polens zu Beginn der 1980er Jahre zwischen Solidarność und Verhängung des Kriegszustands wurde noch vor Erscheinen von der polnischen Zensur verboten und gelangte erst 1987 zur Uraufführung. Der Film zeigt einen jungen Medizinstudenten an einem persönlichen Wendepunkt und entwickelt drei mögliche Lebensentwürfe: als Mitglied der Partei, als Oppositioneller im Untergrund und in der inneren Emigration.
BIGGER THAN LIFE (Nicholas Ray, USA 1956, 24., 25. & 27.4.) Die Einführung des Cinemascope-Formats Anfang der 1950er Jahre hat, gemessen an ihrem filmhistorischen Veränderungspotenzial, vielleicht nicht den gleichen Stellenwert wie die Einführung des Tonfilms. Die Erweiterung der Möglichkeiten des übergroßen Kinobilds in Bezug auf die filmische Darstellung und die schauspielerische Gestaltung sind indes unbenommen. Darüber hinaus verschaffte Cinemascope dem Kino zeitweise einen Vorteil gegenüber den Konkurrenzformaten Fernsehen und 3D. Nach den Landschaftspanoramen und opulenten Dekors zwingt Ray das Breitwandformat in BIGGER THAN LIFE in die bürgerliche Enge der amerikanischen Vororte, ihrer kleinen Wohnzimmer und parzellierten Gartengrundstücke. Ray verleiht dem 1:2.35-Format eine ungeahnte emotionale Zuspitzung, wenn James Mason als überarbeiteter Lehrer im Zuge einer medizinischen Behandlung größenwahnsinnig wird und seine Familie tyrannisiert.

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